Ende Juni endet der Mietvertrag des Sportvereins Gold-Blau. Neue Räume sind noch nicht gefunden. Ändert sich daran nichts, könnten dann mehr als 100 Jugendliche auf der Straße stehen.

Feuerbach - Der Sportverein Gold-Blau Stuttgart steht vor dem Aus. Ende Juni könnten mehr als 100 Jugendliche auf der Straße stehen.

 

Büroflächen statt Trainingsräumen

„Vor etwa fünf Wochen wurde uns mitgeteilt, dass der Mietvertrag für unsere Trainingsräume nicht verlängert wird“, sagt Vereinssprecher Waldemar Welter. Diese Nachricht ereilte ihn und seine Mitstreiter aus heiterem Himmel. „Wir sind eigentlich davon ausgegangen, mindestens bis 2016 hier bleiben zu können.“ Doch die MKI Grundbesitz GmbH & Co. Vermögensverwaltungs KG hat mit den Räumen an der Junghansstraße 5 wohl andere Pläne. „Hier sollen Büroflächen entstehen“, sagt Welter.

Der Vereinssprecher hat sich in den vergangenen Tagen schon intensiv auf die Suche nach neuen Trainingsmöglichkeiten begeben – allerdings ohne Erfolg. „Wir haben die Stadträte, einige Bezirksvorsteher und Bürgermeister angeschrieben.“ Das Ergebnis ist ernüchternd. Die Stadt habe leider keine passenden Räume. Das habe ein Suchlauf ergeben, sagt Welter. Sonst hätte es so gut wie keine Rückmeldungen gegeben. Weilimdorfs Bezirksvorsteherin Ulrike Zich hätte zwar einige Ideen gehabt, aber diese Objekte wären letzten Endes leider nicht umsetzbar gewesen.

Sportlicher Partner für Gewaltprävention

„Wir brauchen Lager- oder Gewerbeflächen in der Größenordnung von 250 bis 400 Quadratmeter und einer Deckenhöhe von mindestens 3,80 Meter“, sagt Welter. Zu teuer dürften die Räume auch nicht sein. Die Situation ist schwierig. Uns läuft die Zeit davon.“ Aber man werde bis zum letzten Tag alles daran setzen, eine Lösung zu finden. Daran bestehe gar kein Zweifel. Welter und seinen Vereinskollegen sind die Jugendlichen viel zu sehr ans Herz gewachsen, um jetzt einfach aufzugeben.

Seit 2001 gibt es den SV Gold-Blau, der Boxen, Judo, Sambo und Aikido anbietet. „Der Verein hat sich in einer Zeit gegründet, als man in Stuttgart einen sportlichen Partner für Gewaltprävention brauchte“, sagt Welter. Es habe Projekte wie „Boxen im Osten/Boxen in Stuttgart“ für Jugendliche mit Migrationshintergrund gegeben – als Modell-Projekt vom Deutschen Präventionstag ausgezeichnet. Ansor und Aznaur Magomedov haben damals im Rahmen dieses Angebots den Weg zum Verein gefunden. Die beiden Flüchtlinge aus Dagestan waren noch nicht lange in Deutschland. „Es waren verschüchterte Jungs. Heute sprechen sie akzentfrei deutsch und machen eine Ausbildung“, sagt Welter. „Das sind beste Beispiele für Integration.“ Zudem sind sie sportlich sehr erfolgreich. Sie haben es im Boxen zum Deutschen und zum Vize-Meister gebracht.

Die soziale Komponente ist immer mit dabei

„Wir haben es in den vergangenen Jahren geschafft, eigene Größen aufzubauen.“ Man sei Talentstützpunkt des Boxsports und des Sport-Sambo und entsende regelmäßig Vereinsmitglieder an den Olympiastützpunkt in Heidelberg. Janette Peters wurde 2011 Zweite bei den Grand Masters Judo-Weltmeisterschaften, Antonia Walz Europameisterin der Junioren im Sambo. „Wir haben Leistungs- und Breitensportler. Aber wichtig ist, dass die soziale Komponente immer mit dabei ist.“

Projekte wie „Cool Sports“ und „Freiraum Sport“ richten sich an Jugendliche, die noch keinen Bezug zum Sport haben oder aus schwierigen sozialen Verhältnissen kommen. „Die Mädchen und Buben finden schnell Anschluss zu den Leistungsträgern im Sport und sehen, dass sich Fleiß lohnen kann und wie man auch Rückschläge in positive Energie umwandeln kann“, sagt Welter. Dabei sei wichtig, dass der Verein auch als Anlaufstelle fungiere. Von Montag bis Freitag, 16 bis 22 Uhr, sei immer ein Ansprechpartner vor Ort, an den man sich wenden könne – auch dann, wenn man mal jemanden zum Reden braucht.