Mit seiner ersten Kabinettsumbildung reagiert Kanadas Premier Trudeau auf die künftige US-Regierung unter Trump. Bisherige Handelsministerin Freeland wird Chefdiplomatin.

Ottawa - Kanadas Premierminister Justin Trudeau hat die erste größere Umbildung seines Kabinetts vorgenommen. Sie wird als Schritt Trudeaus gesehen, sich mit seinem Kabinett auf die Herausforderungen durch die künftige Regierung von US-Präsident Donald Trump einzustellen und mit neuem Elan sein zweites Amtsjahr anzugehen. Die wichtigste Veränderung ist die Ernennung der bisherigen Handelsministerin Chrystia Freeland zur Außenministerin.

 

Der Aufstieg der 48-jährigen Freeland zur Chefdiplomatin des Landes bedeutet zugleich den Abschied des bisherigen Außenministers Stéphane Dion aus der aktiven Bundespolitik. Freeland gilt, anders als Dion, als versierte Kommunikatorin, die ihre Botschaft vermitteln kann. Mit ihrer Kenntnis in der Handels- und Außenpolitik wird ihr zugemutet, sich der Trump-Administration stellen zu können, die, wie Trudeau selbst bei der Bekanntgabe der Kabinettsumbildung erklärte, stark an Handel und Wirtschaft orientiert ist. Sie war als Handelsministerin Vorsitzendes des Kabinettsausschusses für die Beziehungen Kanadas zu den USA und hat bereits Kontakte zu Beratern Trumps aufgebaut.

Auf Putins Sanktionsliste

Freeland ist eine überzeugte Anhängerin der Freihandels. Sie behält die Zuständigkeit für die Handelsbeziehungen mit den USA und wird versuchen müssen, eine protektionistische Haltung der USA gegenüber Kanada zu verhindern, zumal Trump das Freihandelsabkommen Nafta mit Kanada und Mexiko neu verhandeln will. In Europa ist Freeland sehr bekannt und hat gute Kontakte zu maßgeblichen Politikern der EU aufgebaut. Sie kämpfte im Herbst 2016 um das kanadisch-europäische Freihandelsabkommen CETA. Dass CETA damals nicht scheiterte, wird ihr in Kanada hoch angerechnet.

Freeland arbeitete vor ihrer politischen Karriere, die erst 2013 begann, als Journalistin in New York und Moskau. Interessant wird sein zu beobachten, wie sich unter ihr die Beziehungen Kanadas zu Russland entwickeln werden, dies auch angesichts der Putin-freundlichen Haltung Trumps. Freeland hat ukrainische Wurzeln und ist scharfe Kritikerin des Vorgehens Russlands in der Ukraine. Als sie 2014 auf die Sanktionsliste Russlands gesetzt wurde, was ihr bis heute ein Einreiseverbot brachte, erklärte sie, wie der kanadische Rundfunk CBC meldet, es sei ihr „eine Ehre, auf Putins Sanktionsliste zu sein“.

Ein Ex-Flüchtling macht Karriere

Dion hatte seit 1995 wichtige Portfolios in liberalen Kabinetten inne und war auch Parteivorsitzender der Liberalen, gab dieses Amt aber nach der Niederlage der Liberalen 2016 gegen die Konservativen auf. Trudeau erklärte, er setze weiter auf Dion und habe ihm eine wichtige Aufgabe angeboten, äußerte sich aber nicht konkreter. In Ottawa heißt es, Dion sei der Posten des Botschafters bei der EU oder in Berlin angeboten worden. Dion teilte mit, er habe noch nicht entschieden, in welcher Form er seinem Land künftig dienen werde. Neuer Handelsminister ist der frühere Geschäftsmann und Anwalt für Handelsrecht, Francois-Philippe Champagne, dem vor allem die geplanten Freihandelsverhandlungen mit China und die Umsetzung von CETA obliegen.

Überraschend musste Einwanderungsminister John McCallum, der maßgeblich zur erfolgreichen Ansiedlung von rund 40 000 syrischen Flüchtlingen in Kanada beitrug, sein Amt aufgeben. Aber er nahm nach eigenen Worten bereitwillig das Angebot Trudeaus an, Botschafter in Peking zu werden. McCallums Frau ist chinesischer Herkunft und McCallum stark an den kanadisch-chinesischen Beziehungen interessiert. Seine Ernennung zum Botschafter in China zeigt nach Einschätzung von Beobachtern das starke Interesse Trudeaus, die Beziehungen zu dem wichtigen Handelspartner China auszubauen.

Interessant ist die Wahl von McCallums Nachfolger als Minister für Einwanderung, Flüchtlinge und Staatsbürgerschaft. Hierfür ist nun der 40 Jahre alte gebürtige Somali Ahmed Hussen zuständig. Hussen kam als 16-jähriger Flüchtling aus Mogadischu nach Kanada. Er besuchte in Hamilton die Schule, studierte an der York-Universität in Toronto und wurde dann an der Universität Ottawa zum Rechtsanwalt ausgebildet. Im Oktober 2015 wurde er als „Newcomer“ ins Parlament gewählt und ist nun Minister – eine bemerkenswerte Erfolgskarriere, wie sie so manche Einwanderer nach Kanada aufweisen.