Das Fun Pub, die älteste Karaoke-Bar Deutschlands, feiert am Samstag Jubiläum und stellt im Dezember den Betrieb ein. Ein Abgesang über veränderte Trinkgewohnheiten, Heiratsanträge und Helene Fischer - mit Videos.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Der direkte Weg zum Fun Pub an der Aalstraße in Stuttgart-Mönchfeld führt vorbei am Störweg, am Dorschweg und am Rochenweg, ehe man kurz vor dem Sprottenweg sein Ziel erreicht hat. Die fischreiche Benamsung dieses hintersten Zipfels von Stuttgart hat keinerlei inhaltlichen Bezug zur ältesten Karaoke Bar Deutschlands, außer dass ein Besuch beim Ehepaar Lorenz, Achtung, eine aalglatte Angelegenheit ist.

 

Seit 1992 betreiben Petra und Martin Lorenz dieses Kleinod für Hobby-Elvis, Möchtegern-Helene-Fischer und Feierabend-Operndiva. Am Samstag wird der 22. Geburtstag gefeiert, ehe am 20. Dezember die Pforten des Fun Pubs zum allerletzten Mal geöffnet sein werden. Das Ehepaar Lorenz geht in den verdienten Karaoke-Ruhestand und findet keinen Nachfolger für sein Sängerheim der etwas anderen Art.

Im Schwarzlich kommt die irre Deko viel besser zur Geltung

Das verfrühte Abschiedsgespräch findet an einem dem Anlass entsprechend trüben Novembernachmittag statt. Passend zum Gesprächsthema wird das Schwarzlicht eingeschaltet. Bei der Beleuchtung kommt die herrlich irre Deko („bei uns ist das ganze Jahr über Fasching“, sagt Martin Lorenz), bestehend aus von der Decke baumelnden Neon-Bändern, Asbach-Uralt-Werbeschildern und jeder Menge Doors- und Elvis-Poster und Meat-Loaf-Picturediscs gleich viel besser zur Geltung.

Dass der in diesem Fall sehr passende Begriff des Abgesangs dann doch ein sehr vergnüglicher Nachmittag wird, liegt vor allem an Martin Lorenz. Der 58-Jährige ist ein dankbarer Gesprächspartner und erzählt vom Sortiersystem der Karaoke Bar mit ihren 75 000 Liedern genauso inbrünstig wie von der Wärmerückgewinnungsanlage der Gastronomie, die dafür sorgt, dass es den Hobbysängern immer warm um die Stimmbänder wird. Die Nachricht, dass die Betreiber Lorenz das Mikrofon an den Nagel hängen, sorgt bei der zahlreichen Stammkundschaft aber eher für Frösteln als für Hitzewallungen.

Daheim läuft bei den Fun-Pub-Betreibern kein Radio

„Wir wollen endlich ortsungebunden sein“, erklärt Petra Lorenz das Fun-Pub-Ende. „Ich habe einen Karaoke-Burn-Out“, ergänz Martin Lorenz. „Wenn ich die ersten Töne von ,Atemlos’ nur höre, könnte ich schon die Wände hochgehen.“ In ihrer Wohnung über dem Fun Pub haben die Lorenz kein Radio und genießen die Stille. Und wenn sie im Autoradio die Songs ihrer Karaoke Bar einmal im Original hören, sind sie meist überrascht – „sowohl positiv als auch negativ“, sagt Petra Lorenz.

Ein Gespräch mit den Fun-Pub-Machern ist auch eine Diskussion über den Wandel in der Gastronomie: „Früher hat es gereicht, Pils, Weizen und Apfelsasftschorle auf der Karte zu haben. Heute braucht man zehn verschiedene Biersorten, um mithalten zu können“, so Martin Lorenz. Das WLAN-Netz seiner Gaststätte stellt Lorenz am Wochenende ab: „Sonst starren die Leute nur noch auf ihre Smartphones oder machen Handy-Bilder, anstatt sich auf die Bühne zu trauen“, so Lorenz weiter.

Ihre Stammgäste nennt Familie Lorenz nur beim Vornamen. Sätze wie „Morena wurde bei uns der Heiratsantrag gemacht“ zeugen von einer großen Nähe zwischen Stammgästen und Wirtsleuten. Während sich die Gäste nun fragen, wo sie künftig ihre Wochenenden verbringen werden, muss man sich um die Wirte keine Sorgen machen: Eine Woche nach dem letzten Fun-Pub-Abend bricht das Ehepaar zur Weltreise mit dem Schiff auf, getreu dem Motto: „Sing zum Abschied leise servus.“

Karaoke Fun Pub Stuttgart in der Landesschau am 26. März 2014:


Karaoke Fun Pub Stuttgart


Martins Sprechstunde mit Volker Müller im Karaoke Fun Pub Stuttgart (Teil 1)


Martins Sprechstunde mit Volker Müller im Karaoke Fun Pub Stuttgart (Teil 2)