Das Generallandesarchiv widmet dem einstigen Thronfolger Prinz Max von Baden eine Ausstellung. Der Reichskanzler, eine Schlüsselfigur im Übergang zur Republik, liebte die Berge und war im Herzen ein Monarchist.

Karlsruhe - Schneeschuhe und Steigeisen, dazu ein Gemälde einer lichten Gebirgslandschaft seines Freundes Wilhelm Paulcke – die Berge hatten es ihm angetan. Prinz Max von Baden (1867-1929) ist als letzter und höchst umstrittener (Kurzzeit)-Reichskanzler in die Geschichte eingegangen. Wenig Ehrgeiz und Entschlossenheit wurden ihm nachgesagt. Doch Prinz Max, der kurz vor der Abdankung des deutschen Kaisers unter dem Decknamen „der Wunschlose“ agierte, hatte durchaus Wünsche und Visionen, die sich nicht auf eine Polit-Karriere beschränkten. Eine Schau im Generallandesarchiv Karlsruhe spürt nun weniger bekannten Seiten des viel geschmähten „Bademaxe“ nach. Unter dem Titel „Der Wunschlose - Prinz Max von Baden und seine Welt“ sind bis zum 6. November rund 80 Exponate zu sehen.

 

Im Karlsruher Stadtbild ist sein Name bis heute präsent: Das Prinz-Max-Palais, Wohnsitz des Fürsten zu Zeiten der Monarchie, beherbergt heute die Kinder- und Jugendbibliothek und ist Sitz der Literarischen Gesellschaft für Literatur am Oberrhein. Jetzt ist der Nachlass des einstigen Thronfolgers, der bisher im Schloss Salem gelagert wurde, im digitalisierten Fundus des Generallandesarchivs.

Der Urenkel Prinz Bernhard von Baden begrüßt die neuen Forschungsergebnisse

Prinz Bernhard von Baden, der am heutigen Stammsitz der Familie in Salem geborene Urenkel des Fürsten, nannte es bei der Eröffnung der Schau „eine große Freude, den Urgroßvater mit ganz neuen Facetten präsentiert zu bekommen“. Mit der Übergabe der Unterlagen als Leihgabe an das Generallandesarchiv werde das fortgesetzt, was seit Jahrhunderten schon getan worden sei: Die Geschichte des Hauses und des Landes Baden in ihren Schriftquellen zu sichern. Neben Geschichtsbewusstsein zeigt das Haus Baden auch Sinn für Symbolik: die Limousine des Markgrafen Max, heute Chef des Hauses Baden, hat das Kennzeichen „BAD-EN 1“.

Seit 2012 hat der Kurator Konrad Krimm 300 Archiv-Meter durchforstet. „Die Geschichte muss dadurch nicht neu geschrieben werden“, sagt er. In den nun zugänglich gemachten Archivalien könne man aber erkennen, wie lernfähig und offen Max von Baden gewesen sei. Was die Geschichte des Kaiserreichs in der Spätzeit, das Ende des Ersten Weltkriegs und die ersten Gehversuche der Republik angehe, könne man nun „1000 neue Fragen stellen“, sagt der Historiker.

Sechs Wochen lang im Fokus der Weltgeschichte

Nur sechs Wochen lang war der Baden-Prinz im Fokus der Weltgeschichte. Kaiser Wilhelm II. hatte den als liberal geltenden Badener angesichts der bevorstehenden Kapitulation am 3. Oktober 1918 zum Reichskanzler ernannt. Kurz vor dem offiziellen Waffenstillstand, zu dem er von den Militärs gedrängt wurde, verkündete dieser eigenmächtig die Abdankung des Kaisers – und besiegelte das Ende der Monarchie.

Die Geschichte ging nicht gerade gnädig mit dem Kurzzeit-Kanzler um: Rechte Kreise beschimpften ihn als Verräter, liberale hätten sich mehr von ihm erwartet.

Etwas mehr Gerechtigkeit für den als „Bademaxe“ geschmähten Adligen

Die Karlsruher Schau will dem Baden-Prinzen nun ein wenig mehr Gerechtigkeit widerfahren lassen, indem sie auch die Zeit vor und nach der Kanzlerschaft beleuchtet. Eine kleine Bronze-Statue zeigt ihn in seiner ganzen Ambivalenz: als lesenden Soldaten. Waffenrock und Paradehelm des Garde-Kürassier-Regiments zeugen zwar von seinem militärischen Engagement. Doch lieber sah sich der Prinz als Vermittler, humanitären Helfer von Kriegsgefangenen, als Philanthrop und Schöngeist.

Einerseits Freund des Rassenideologen Houston Stewart Chamberlain, andererseits enger Weggefährte des jüdischen Reformpädagogen Kurt Hahn, mit dem Prinz Max später das Internat Schloss Salem gründete; einerseits standesbewusster Vertreter des Hochadels, andererseits Gesprächspartner für Pazifisten und Sozialdemokraten – der Historiker Krimm ist überzeugt: „Er suchte nach Auswegen aus der höfischen Regelwelt.“ Neben dem politischen Max veranschaulichen Gemälde, Fotos und Freizeitutensilien vor allem seine kleinen Fluchten: seine Liebe zu Richard Wagner und zu den Bergen, sein Faible für Erziehungsfragen und seine Sehnsucht nach einer anderen Welt, die sich in der Bewunderung für den zivilisationskritischen Philosophen und Theologen Johannes Müller ausdrückte. Prinz Max von Baden war es auch, der 1916 dessen Schloss Elmau einweihte – als Freiraum des persönlichen und gemeinschaftlichen Lebens.

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