Der Karlsruher Energieversorger schreibt nach drei Quartalen Verlust und baut weiter Stellen ab. Bei seinen Wachstumsprojekten sieht sich der Konzern aber auf Kurs.

Stuttgart - Die EnBW sieht sich auf gutem Weg, auch wenn sie sich weiterhin in einem schwierigen Umfeld bewegt. Das Ziel, 1350 Stellen im Konzern abzubauen sei fast erreicht, sagte Finanzvorstand Thomas Kusterer am Dienstag anlässlich des Neunmonatsberichts. Allerdings würden zurzeit Verhandlungen mit den Betriebsräten über weitere Stellenkürzungen bis zum Jahr 2020 geführt. Die EnBW müsse „weitere Effizienzen heben“, sagte Kusterer, „da wird auch der Bereich Personal einen Beitrag liefern müssen“.

 

Bodo Moray, bei der Gewerkschaft Verdi für den Karlsruher Energieversorger zuständig und Mitglied in dessen Aufsichtsrat, sagte, die Gespräche würden seit etwa vier Wochen geführt und würden wohl auch noch mindestens bis zum Jahresende dauern. Betroffen seien überwiegend Stellen bei konzernübergreifenden Funktionen wie etwa im Personalbereich oder in der Gehaltsbuchhaltung. Beide Seiten seien an einem vernünftigen Ergebnis interessiert, das Gesprächsklima sei konstruktiv-kritisch.

Unter dem Strich steigt die Mitarbeiterzahl bisher

Zunächst einmal ist die Zahl der Mitarbeiter unter dem Strich gestiegen: Da in einigen Geschäftsfeldern wie etwa den erneuerbaren Energien Personal eingestellt wurde, waren mit 19 989 Beschäftigen 145 Mitarbeiter mehr an Bord als im Vorjahr.

Der Karlsruher Konzern hat im vierten Jahr der Energiewende weiter mit sinkenden Börsenpreisen für Strom zu kämpfen. Im Vergleich zum Herbst 2013 seien die Spotmarktpreise noch einmal um 15 Prozent gesunken, sagte Kusterer. Seit 2011, dem Jahr, in dem das Atomunglück im japanischen Fukushima die Umkehr in der deutschen Energiewirtschaft ausgelöste, hätten sich die Großhandelspreise halbiert. Hintergrund ist die verstärkte Einspeisung von Ökostrom, der Energie aus konventionellen Quellen verdrängt. Daher lassen sich viele Kraftwerke in Deutschland nicht mehr wirtschaftlich betreiben.

Verhandlungen mit der Netzagentur dauern an

Die EnBW hatte sechs Kraftwerksblöcke bei der Bundesnetzagentur zur Stilllegung angemeldet, was diese aber abgelehnt hat. Die Anlagen wurden im stärker von der Atomkraft abhängigen Süden als systemrelevant eingestuft und müssen weiter laufen. Über eine entsprechende Kostenerstattung verhandelt der Konzern mit der Behörde. „Wir sind schon sehr weit“, sagte Kusterer über den Verhandlungsstand, in Detailfragen gebe es aber Differenzen, die „wir im Zweifel auf dem Rechtsweg klären müssen“. Die EnBW fordert laut Kusterer nicht nur eine Kostenerstattung sondern auch eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals.

Zum Halbjahr hatte die EnBW bereits Abschreibungen auf Kraftwerke vorgenommen sowie Rückstellungen für drohende Verluste aus langfristigen Strombezugsverträgen gebildet. Diese Bilanzmaßnahmen summieren sich auf 1,6 Milliarden Euro.

Strompreise für Endkunden sinken zum Jahreswechsel

Den Verbrauchern wird die EnBW vom Jahreswechsel an die gesunkenen Strompreise weitergeben. Da aber zugleich die Netzentgelte steigen, sinken die EnBW-Tarife nur minimal um etwa eineinhalb Prozent (bezogen auf einen Haushalt mit 3500 Kilowattstunden Jahresverbrauch).

Auf gutem Weg sieht sich die EnBW bei ihren Wachstumsprojekten. So hätten zwei neue Windparks in der Ostsee und in der Türkei den Ergebnisrückstand bei den erneuerbaren Energien verkürzt, so Kusterer. Im zweiten Ostsee-Windpark Baltic 2 stünden die ersten Turbinen. Generell habe die EnBW ihre Investitionen im Vergleich zum Vorjahr auf 1,3 Milliarden Euro verdoppelt – 83 Prozent davon, so Kusterer seien in Wachstumsprojekte geflossen. Erfreulich sei zudem die Komplettübernahme des Gaszwischenhändlers GVS und der zugehörigen Netzgesellschaft Terranets.

Neunmonatszahlen

Kennzahlen – Der Umsatz der EnBW ist in den ersten neun Monaten mit 15,5 Milliarden Euro relativ stabil geblieben. Der Verlust lag – vor allem wegen Abschreibungen und Wertberichtigungen von Finanzinstrumenten – bei 770 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor schrieb der Konzern noch 234 Millionen Euro Gewinn. Operativ wirken sich diese Effekte aber nicht aus, sodass die EnBW bei ihren Prognosen bleibt.

Effizienzprogramm – Neben dem Abbau von 1350 Stellen will die EnBW auch durch Verkäufe effizienter werden. Von geplanten rund 2,7 Milliarden Euro Desinvestitionen wurden bislang 600 bis 700 Millionen Euro realisiert – vor allem durch den Verkauf polnischer Beteiligungen und von Anteilen an der Energiedienst-Gruppe. Noch nicht losgeworden ist die EnBW die Anteile an den Versorgern MVV in Mannheim und EVN in Österreich.