Der Fußball-Zweitligist Karlsruher SC kann beim Saisonfinale am Sonntag aufsteigen, den Relegationsplatz verteidigen – oder ihn auch noch verspielen. Eine Bestandsaufnahme.

Karlsruhe - Am Donnerstagmorgen geht Jens Todt in Belgrad auf dem Weg an den Flughafen ans Telefon. Am Abend zuvor beobachtete der Sportdirektor des Karlsruher SC die Niederlage des Meisters Partizan gegen FK Cukaricki (0:1) im serbischen Pokalfinale. Er habe „einige gute Spieler gesehen“, erzählt Todt. Ob der KSC-Sportdirektor für die erste oder zweite Fußball-Bundesliga planen kann, entscheidet sich am Sonntag. „Dramaturgisch hätte man sich das Saisonfinale um den Aufstieg in der zweiten Liga besser nicht ausdenken können“, sagt Todt und lacht.

 

Beim Karlsruher SC sind sie ja froh, überhaupt noch einmal die Chance auf den Aufstieg bekommen zu haben. Nach der 0:1-Heimpleite vor zwei Wochen gegen Darmstadt 98 schien der Traum der Karlsruher um Rouwen Hennings, der mit 17 Treffern die Torschützenliste anführt, ausgeträumt.

Aber eine Woche, einige Patzer der Konkurrenz und einem eigenen Sieg (2:0 in Braunschweig) später fiebert plötzlich wieder eine ganze Stadt dem Endspiel gegen den abstiegsbedrohten TSV 1860 München im ausverkauften Wildpark entgegen. Gewinnt der KSC (55 Punkte), ist Relegationsrang drei sicher. Patzt Darmstadt (56) im Heimspiel gegen St. Pauli, könnte der KSC direkt aufsteigen. Gewinnen aber Darmstadt und der KSC ihre Spiele nicht, könnte der Tabellenvierte Kaiserslautern (55 Punkte) mit einem Heimsieg gegen den bereits feststehenden Meister aus Ingolstadt die Konkurrenten noch überflügeln.

Auferstehung nach dem Niederschlag gegen Darmstadt

Gefühlszustände wechseln in Auf- und Abstiegskämpfen wöchentlich. Aber dass der KSC nach „dem Niederschlag“ (Todt) gegen Darmstadt nochmals ins Aufstiegsrennen zurückfindet, hatte kaum jemand erwartet. Er gibt zu, Mannschaft und Verantwortliche in Karlsruhe noch nie so niedergeschlagen gesehen zu haben. Der Trainer Markus Kauczinski habe es geschafft, dass sich alle noch einmal aufgerafft hätten, sagt der Ex-Profi des VfB Stuttgart.

Der Aufstieg wäre die Krönung der erfolgreichen Aufbauarbeit, die der Sportdirektor zusammen mit dem Coach seit dem Wiederaufstieg vor zwei Jahren in Karlsruhe leistet. Dass die Mannschaft in dieser Saison bis zuletzt um den Aufstieg in die erste Liga spielt, ist vielleicht eine noch größere Leistung als der überraschende fünfte Platz in der vergangenen Saison.

Dass mit dem Erfolg die Erwartungen steigen, mussten die Verantwortlichen in dieser Saison aber auch erfahren. Der Zuschauerzuspruch war nicht immer gut, bei Niederlagen setzte es schnell Kritik. Für den nach wie vor an Altlasten leidenden Club käme der Aufstieg nicht zu früh. Viel schwieriger wäre es, die Erwartungen in einer neuen Zweitligasaison zu moderieren.

Der Aufstieg wäre das i-Tüpfelchen zum Stadtgeburtstag

Doch all das zählt in dieser Woche vor dem Spiel gegen 1860 nicht. Die Stadt bereitet sich auf ihre 300-Jahr-Feier im Sommer vor, und Martin Wacker, der die Feierlichkeiten organisiert und Stadionsprecher des KSC ist, sagt: „Der Aufstieg wäre das i-Tüpfelchen auf dem Stadtgeburtstag.“

Gegen die Sechzger werden dem KSC die gesperrten Mittelfeldspieler Reinhold Yabo und Dominic Peitz fehlen. „Das tut weh“, sagt Todt, „aber wir nehmen es, wie es kommt.“ Der Sportdirektor ist „ganz froh“, dass es für die Münchner noch um etwas geht. Eine Elf, die befreit aufspielen könne, könne unter Umständen gefährlicher sein.

Todt wäre ein möglicher Relegationsgegner VfB Stuttgart „egal“. Wünschen tut sich das allerdings in Karlsruhe niemand. Zwar würde keiner der KSC-Verantwortlichen das mögliche Heimspiel gegen den VfB in der Relegation freiwillig aus Sicherheitsgründen nach Sinsheim verlegen. Aber Jens Todt will „nicht ganz ausschließen“, dass solche Pläne im baden-württembergischen Innenministerium existieren.