Das Start-up Axoom ist so etwas wie eine Spielwiese des Ditzinger Familienunternehmens Trumpf, um ganz neue Geschäftsmodelle rund um die digital vernetzte Produktion zu entwickeln. Es hat bereits 100 Mitarbeiter

Karlsruhe - Ein bisschen Spielerei gehört dazu. Etwa mit dem Kaffeeautomaten. Wer bei der Firma Axoom auf das Knöpfchen drückt, wird registriert. Das habe nichts mit Kontrolle zu tun, versichert Axoom-Chef Florian Weigmann. Erfasst würden vielmehr die Laufzeit des Automaten, seine Stillstandszeit und die Auszeit. Man erfährt, wie viel Cappuccino im Vergleich zu Espresso getrunken wird. „Wir wissen, ob auf einer Messe in Amerika oder einer in Europa mehr Kaffee getrunken wird“, erläutert Weigmann schmunzelnd. Was fängt er mit dieser Information an? Die Daten sind die Grundlage für die Bestellung der Milch.

 

Was auf den ersten Blick als Spielerei am Kaffeeautomaten abgetan werden könnte, ist nicht weniger als ein anschaulicher Blick in die Zukunft. Das Start-up Axoom ist salopp formuliert so etwas wie eine Spielwiese des Ditzinger Familienunternehmens, um ganz neue Geschäftsmodelle rund um die digital vernetzte Produktion zu entwickeln. Mit Axoom stellt der Werkzeugmaschinenhersteller anderen Unternehmen eine neuartige Plattform zu Verfügung, um digital Kunden und Lieferanten zu vernetzen. Möglich ist über diese Plattform auch, dass Firmen aus der Ferne Informationen aus ihren weltweit aufgestellten Maschinen abrufen können. Damit rückt Trumpf nahe an IT- und Internetunternehmen heran.

Rund 20 Projekte in eineinhalb Jahren

Eineinhalb Jahre ist Axoom jung – und Kunden aus dem In- und Ausland interessieren sich für die Aktivitäten der Karlsruher, freut sich Weigmann. Die Zahl der realisierten Projekte liege „im niedrigen zweistelligen Bereich“. Es dürften um die 20 Projekte sein. In drei Jahren sollen es bereits 4000 Kunden sein, hat der Geschäftsführer die Latte hochgelegt. Der Markt ist groß; drei Millionen potenzielle Kunden soll es geben.

Den derzeitigen Kunden – dazu gehören der Sensorhersteller Sick, der Optikkonzern Zeiss oder der Gasehersteller Linde – geht es um Informationen über Stillstands- und Durchlaufzeiten ihrer Maschinen. Ihr Ziel ist es, die Auslastung der Anlagen zu erhöhen – und die Stückkosten zu senken. Das seien nur erste Schritte in Richtung Industrie 4.0, so Weigmann. Das Maschinenalter sei kein Hinderungsgrund. Bei jeder Maschine, „die am Strom hängt“, können Profile erstellt werden, sagt der Axoom-Chef. Erfasst würden die Durchlaufzeit eines Produktes oder die Auslastung der Maschine.

Wer Erfahrung hat, wagt sich an den Produktionsprozess heran. Es geht dann um die Optimierung des gesamten Ablaufs – von der Auftragsvergabe bis hin zur Auslieferung beim Kunden. Weigmann nimmt Stichworte wie Durchlaufzeiten, Materialbeschaffung und Transportrouten in den Mund – all dies wird aufeinander abgestimmt, um Kundenaufträge schneller und zu nierigeren Kosten zu bearbeiten. Und gleichzeitig sollen möglichst neue Kunden gewonnen werden. Eine Effizienzsteigerung von „reichlich 30 Prozent“ sei möglich, verspricht Weigmann. Wer alle Informationen hat und aufeinander abstimmt, müsse keine Zeitpuffer mehr einbauen.

Vernetzte Produktionshallen

Und demnächst wird Axoom die Vorteile der digitalen Vernetzung auch außerhalb der Produktionshalle testen. Auf der Industriemesse in Hannover wird die Trumpf-Tochter eine Zusammenarbeit mit dem Energieversorger EnBW bekannt geben. Die Kooperationspartner wollen Wege suchen, um den Stromverbrauch in Unternehmen zu senken. Dabei soll die Idee, die für private Haushalte bereits fortgeschritten ist – die Waschmaschine schaltet sich ein, wenn der Strompreis niedrig ist –, quasi auf Unternehmen übertragen werden. Damit Kundenaufträge termingerecht ausgeführt werden können, müssen diese nämlich detailliert geplant werden – damit beispielsweise die nötigen Rohstoffe zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind, damit die Maschinenkapazität vorhanden ist und hinterher die Lastwagen für den Abtransport. Künftig wird also auch noch die Energie als Parameter berücksichtigt.

Der Chef trägt knallgelbe Turnschuhe

100 Mitarbeiter stehen auf der Gehaltsliste des Karlsruher Start-ups, doppelt so viele wie vor einem Jahr. Probleme, Fachkräfte zu finden, hat Weigmann wohl eher nicht – auch wegen der Nähe zum KIT, dem Karlsruher Institut für Technologie. Er bezirzt junge Mitarbeiter mit neuesten Technologien. Das Umfeld erinnert in keiner Weise an die Steifheit alteingesessener Traditionsunternehmen. Bei Axoom geht es leger zu. Der Chef trägt schwarzes Shirt mit gelbem Axoom- Namenszug sowie knallgelbe Turnschuhe, die Mitarbeiter teilweise kurze Hosen. Und statt Kantine werden im Innenhof mittags auch mal Würstchen gegrillt.

Dank der Verbindung zu Trumpf entfallen viele unerwünschte Aufgaben. „Wir sind ein Start-up, das keine Angst haben muss, permanent Finanzierungsrunden zu fahren“, erläutert der Chef. Trumpf sei eine verlässliche Mutter, die „nachhaltige Innovationen lebt“. Seit Kurzem kümmert sich Geschäftsführer Peter Leibinger um die Erschließung neuer Technologien. Sein Schwager Mathias Kammüller ist zuständig für digitale Geschäftsmodelle bei Trumpf. „Ich bin überzeugt, das hilft uns“, so Weigmann.