Plastikmüll im Meer ist ein ernstes Problem. Auf einer Lübecker Werft entsteht derzeit ein Schiff, das helfen soll, die Menge des im Meer treibenden Plastikabfalls zu reduzieren.

Lübeck - Plastikmüll im Meer ist ein ernstes Problem. Darauf weisen Wissenschaftler und Umweltschutzorganisationen seit Jahren hin. Auf einer kleinen Lübecker Werft entsteht derzeit ein Schiff, das helfen soll, die Menge des im Meer treibenden Plastikabfalls zu reduzieren. Im Auftrag des Vereins One Earth – One Ocean (OEOO) baut die Lübeck-Yacht-Trave-Schiff GmbH den Katamaran Seekuh. „Von Sommer 2016 an soll die Seekuh als Müllabfuhr der Meere im Einsatz sein“, sagt der OEOO-Vorsitzende Günther Bonin.

 

Er hat das Schiff zusammen mit dem Kieler Ingenieur Dirk Lindenau und der Werft gegenüber der Lübecker Altstadt entwickelt. „Zwischen den jeweils zwölf Meter langen Rümpfen wird eine bewegliche Netzkonstruktion angebracht. Damit fischen wir an der Wasseroberfläche treibende Kunststoffteile ab, während sich der Katamaran mit einer Geschwindigkeit von etwa zwei Knoten, also knapp vier Kilometern pro Stunde übers Wasser bewegt“, sagt Bonin. Angetrieben werden soll der Katamaran mit Solarenergie.

Der Naturschutzbund Deutschland begrüßt die Idee

Eine besondere Herausforderung für die Schiffbauer ist die Vorgabe, dass der Katamaran zerlegbar sein muss. „Seine acht Module können in Container verpackt und so an jeden Ort der Erde gebracht werden“, sagt Lindenau. Pro Fahrt kann die Seekuh rund zwei Tonnen Müll aufnehmen, der dann an Land recycelt werden soll. „Der Katamaran ist hauptsächlich für den Einsatz in Küstennähe und auf Binnengewässern gedacht, denn die Netze reichen nur etwa drei bis vier Meter tief“, so Lindenau.

Rund 250 000 Euro kostet der Katamaran. Wenn sich der Prototyp bewährt, will Bonin weitere Seekühe in Auftrag geben. „Wir sind sehr stolz auf diesen innovativen Auftrag“, sagt der Werft-Geschäftsführer Till Schulze-Hagenest. Sein Unternehmen hat sich unter anderem auf den Bau von Arbeitsschiffen spezialisiert. „Der Katamaran ist eine spannende Herausforderung“, meint Schulze-Hagenest.

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) begrüßt die Idee, große Plastikteile, den sogenannten Makromüll, aus dem Meer zu fischen. „Das Abfischen von Mikroplastik sehen wir dagegen kritisch, weil dadurch die ökologischen Grundlagen des Lebens im Meer zerstört werden können“, sagt der Meeresschutz-Experte des Nabu, Kim Cornelius Detloff. Der Verband organisiert seit Jahren die Müllsammelaktion „Fishing for Litter“, bei der Fischer den in ihren Netzen landenden Plastikmüll kostenlos in Häfen entsorgen können.

Abfall stellt große Gefahr für Meerestiere dar

Nach Angaben von Umweltschutzorganisationen landen jährlich etwa zehn Millionen Tonnen Kunststoffabfälle in den Ozeanen. „Sie bilden eine große Gefahr für Seevögel und Meerestiere, die sich in Plastikteilen verheddern oder sie mit Nahrung verwechseln und verschlucken. Außerdem gelangen winzige Partikel, die Krebs erregend sein können, in die Nahrungskette“, sagt Stephan Lutter, Meeresschutzexperte des WWF. Deshalb sei solch ein Müllsammelschiff einen Versuch wert.

Gleichzeitig müsse man aber dafür sorgen, dass der Müll gar nicht erst ins Meer gelange, fordert er: „Es braucht unter anderem Geld und Wissenstransfer für den Aufbau eines funktionierenden Kreislaufwirtschaftssystem in Südostasien.“

Günther Bonin plant unterdessen schon ein neues Projekt. Ein Schiff mit Namen See-Elefant soll Plastik einsammeln und ihn in Energie umwandeln, sich also gewissermaßen mit dem Müll selber antreiben.