Mit Petrodollars zum WM-Titel bei den Handballern? Der Gastgeber Katar, der am Mittwoch im Viertelfinale gegen Deutschland antritt, lässt sich seine eingebürgerten Ausländer einiges kosten.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart/Doha - Handballschauen ist in Katar ja eigentlich ein billiges Vergnügen: Lediglich 30 Katar-Riyal, also 7,50 Euro, gilt es aufzubringen – und jeder interessierte Fan ist in der 15 300 Besucher fassenden Lusail Multipurpose Hall einen Tag lang mit dabei. Doch das WM-Spektakel auf dem Feld der Riesenarena, die sich im Norden der Hauptstadt Doha wie eine Fata Morgana bunt leuchtend aus dem Wüstensand erhebt, interessiert unter den zwei Millionen Einwohnern bisher kaum. 90 Prozent von ihnen sind oftmals schlecht bezahlte Gastarbeiter – und die direkten Untertanen von Emir Scheich Tamim bin Hamad Al Thani vergnügen sich lieber bei der Falkenjagd, beim Kamelreiten oder mit einer Jeeptour über die Wüstendünung.

 

Dabei setzt die Auswahl Katars, die 2013 lediglich WM-Platz 20 erreichte, inzwischen in der Weltspitze deutliche Akzente: 2014 wurde der deutsche Viertelfinalgegner durch einen Finalsieg über Südkorea Asienmeister; trotzdem ist sie eine große Mogelpackung. Schließlich gleicht das Team einer zusammengekauften Wüstenlegion, bestückt mit dem Franzosen Bertrand Roine, dem treffsicheren Kubaner Rafael Capote oder dem Spanier Borja Vidal – dazu gesellen sich der wurfgewaltige Montenegriner Zarko Markovic (einst Göppingen) sowie die Torhüter Goran Stojanovic (Pfullingen und Rhein-Neckar Löwen) und Danijel Saric (einst Barcelona). Nur vier Einheimische stehen im Kader des Gastgebers. „Es tut mir im Handballherzen weh, dass so etwas möglich ist“, schimpfte Schwedens Kapitän Thomas Karlsson.

Die WM kostet mindestens 220 Millionen Euro

Dabei tut man in Katar absolut nichts Verbotenes, denn die Regeln der Internationalen Handballföderation (IHF) geben diese gezielte Einbürgerungspraxis her: Jeder Spieler, der drei Jahre lang nicht für sein Nationalteam aktiv war, darf nach IHF-Statuten den Verband wechseln. Also soll es im Team Katar pro Spieler 100 000 Euro für jeden Vorrundensieg gegeben haben. Denn im Bestreben, neben der Fußball-WM 2022 auch Olympia an den Golf zu holen, ist die Schatulle des Cheforganisators Thani Abdulrahman Al-Kuwari gut gefüllt. 220 Millionen Euro wird die 24. Handball-WM die Scheichs mindestens kosten. Sie gelten als Werbungskosten auf dem Weg zu den fünf olympischen Ringen.

„Es wäre der größte Fehler gewesen, nicht nach Katar zu gehen“, sagt der Nationalcoach Valero Rivera, ein Spanier, der mit seinem Heimatland 2013 zuhause den WM-Titel holte. Rivera gewann in 21 Jahren als Trainer des FC Barcelona 70 Titel, darunter sechsmal die Champions League. Jetzt lässt sich der 61-Jährige sein Engagement mit einigen Millionen an Petrodollars versüßen – und jubelt: „Wir konnten acht Monate wie ein Clubteam trainieren.“

Wenn die Nationalhandballer aus Katar in den Nationalfarben Weiß und Kastanienbraun auflaufen, ist Rivera aber nicht der einzige Spanier in der oft mäßig gefüllten Halle. Denn dem Gastgeberteam jubeln stets 60 Fans aus Valencia zu, deren Unkosten für Flug, Unterkunft, Visum, Tickets und Transfer sämtlich von den Gastgebern beglichen wurden. Dass die Schiedsrichter beim 29:27-Achtelfinalsieg Katars über Österreich in der Schlussphase häufig gegen das Team Austria pfiffen, stört den Organisationsleiter Al-Kuwari ebenso wenig wie die gekauften Fans: „Ich bin sehr zufrieden mit dem, was wir hier veranstalten.“