Mehrere Hundert Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettungsdiensten, Polizei und THW waren in der Nacht zum Sonntag rund um den Marksteintunnel bei Vaihingen an der Enz im Einsatz. Bei der Übung galt es einen brennenden ICE zu löschen und Verletzte zu bergen.

Vaihingen an der Enz - Das Szenario simuliert eine Katastrophe: Im Marksteintunnel bei Vaihingen an der Enz fängt das Bordbistro eines ICE auf dem Weg von Mannheim nach Stuttgart Feuer. In der Nacht zum Sonntag um Punkt Mitternacht setzt der Lokführer einen Notruf ab und versucht den Zug aus dem Tunnel herauszufahren, schafft es aber nicht. Nur der Triebwagen steht im Freien. Alle anderen Waggons stecken noch in der Röhre. 160 Menschen sitzen darin fest. Etwa 25 davon haben sich bei der Notbremsung Platzwunden oder Brüche zugezogen.

 

Der dichte Qualm aus dem brennenden Bordbistro vernebelt ihnen die Sicht. Im Tunnel selbst sieht es nicht viel besser aus. Auf die 600 Einsatzkräfte von Feuerwehr, THW, Rettungsdiensten und Polizei wartet das Chaos. Glücklicherweise nur zur Probe bei der Katastrophenschutzübung „Subvento“, die der Landkreis am frühen Sonntagmorgen auf der Schnellfahrstrecke durchführt.

160 Statisten aus dem Landkreis mimen die Opfer

Es dauert kaum eine Viertelstunde, bis die ersten Feuerwehrmänner am Ostportal des Tunnels erscheinen. Über die Lage vor Ort wissen sie nichts. Erst nachdem der Melder der Feuerwehr mit dem Lokführer gesprochen hat, wird klar: Im fünften Waggon brennt es. Die Passagiere, die laufen konnten, sind selbst aus dem Zug geflohen. Der Rest sitzt mit Verletzungen im Zug fest.

Die Hilfe ist längst vor Ort, kommt aber nicht zu ihnen durch. Noch hat der Notfallmanager der Deutschen Bahn die Strecke für die Feuerwehrleute nicht freigegeben. Erst muss die Überleitung geerdet werden, auf der eine tödliche Spannung liegt. Um 0.40 Uhr erfolgt endlich die Freigabe. Zwei Feuerwehrmänner steigen mit einem Schlauch und Atemschutzgeräten in den ersten Waggon ein. Es ist der Angriffstrupp Häberle/Buck. Ihre Visiere sind zugeklebt. Sie sollen bei der Übung nichts sehen, denn bei einem echten Brand würde ihnen der Qualm die Sicht nehmen.

Etwa zehn Minuten später bringen sie erste Verletzte aus dem Zug und verschwinden wieder. Drei Minuten später schleppen sie eine weitere Frau auf dem Rettungstuch zum Ausgang. Sie ist eine von 160 Statisten aus dem Landkreis, die sich freiwillig für die Übung gemeldet haben. Auch wenn sie in der Realität völlig unversehrt ist, schreit sie, als ob ihr Bein tatsächlich gebrochen wäre.

Drei Kilometer lange Schlauchleitung liefert Wasser

Kaum hundert Meter entfernt herrscht auf dem kleinen Stellplatz am Ostportal wirres Treiben. Dort hat ein Löschzug der Vaihinger Feuerwehr Stellung bezogen. Mittlerweile haben die Brandschützer zwei jeweils drei Kilometer lange Schlauchleitungen bis hinunter zur Enz verlegt. Vom Leiterwagen aus beleuchtet die Feuerwehr das gesamte Umfeld. Daneben haben die Rettungskräfte des Roten Kreuzes einen Platz freigeräumt, auf dem die Verletzten betreut und für den Abtransport bereit gemacht werden.

Gegen 1.30 Uhr fahren dann die Rettungszüge der Deutschen Bahn aus Stuttgart und Mannheim ein. Zum Einsatz kommen wird nur der Mannheimer, der aus Westen die zwei Kilometer bis zum brennenden ICE in den Tunnel einfahren wird, um die Verletzten zu bergen, die für die Einsatzkräfte am Ostportal unerreichbar sind. Trotzdem wollte Kreisbrandmeister Andy Dorroch, dass beide Loks kommen. Bei der Übung soll nämlich das komplette Szenario des Einsatzplanes „Schienenunfälle im Landkreis Ludwigsburg“ durchgespielt werden. Das Konzept hat er gerade zusammen mit den Kommandanten der Feuerwehren im Kreis entwickelt.

„Wenn es gut läuft, kann man sich meinen Namen merken, wenn nicht, muss man jemanden neuen suchen“, sagt Dorroch deshalb im Scherz vor der Übung. Sein Einsatzplan sieht auch die eine oder andere Neuerung vor. Dazu gehört beispielweise eine zentrale Leitstelle im Vaihinger Feuerwehrhaus, in der die einzelnen Leiter aller beteiligten Einsatzkräfte – Polizei, Rettungsdienste, THW, Notfallmanager der Bahn und Feuerwehr – erstmals an einem Ort zusammensitzen.

Als sich die Übung gegen drei Uhr langsam dem Ende zuneigt, steht der oberste Feuerwehrmann im Landkreis Ludwigsburg schon entspannt im Gerätehaus der Vaihinger Feuerwehr. Es hat soweit alles funktioniert. Die eine oder andere Einheit hätte über die Anfahrtswege nicht genau Bescheid gewusst, insgesamt hätten die Einsatzkräfte die Lage aber schnell unter Kontrolle gehabt. „Hätte tatsächlich ein Zug gebrannt, hätte das Chaos etwas länger gedauert, aber es hat gepasst. Wir sind gut für den Ernstfall gerüstet“, sagt er.