Ohne die Frauen ginge in der katholischen Kirche nichts: Sie helfen sozial Schwachen und schmeißen den Kommunionsunterricht. Aber Diakonin dürfen sie nicht werden. Claudia Lücking-Michel vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist wütend und optimistisch zugleich – und hofft auf den Papst.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Stuttgart - Es geht für die Frauen um nicht weniger als um die Zukunft ihrer Kirche. Sie steht aus ihrer Sicht vor dem Ende ihrer karitativen Arbeit. Vor genau 20 Jahren sind viele der Frauen schon einmal am gleichen Ort in der Hohenheimer Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart zusammengekommen. Sie fordern heute wie schon vor zwei Jahrzehnten ihren Platz in der Kirche als Diakonin. Sie, das ist ein Bündnis aus dem katholischen deutschen Frauenbund, der katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands, dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und dem Netzwerk Diakonat der Frau.

 

Die Frauen fühlen sich unter anderem durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965) ermutigt. Geschehen ist in all den Jahren jedoch nichts. Die 23 Frauen, die sich mittlerweile für Leitungsdienste in der diakonischen Kirche qualifiziert haben, warten wie so viele andere noch immer auf ihre Weihe. Die Wut unter den Tagungsbesucherinnen ist entsprechend groß. „Entweder bekommen wir konkrete Antworten, oder die Frauen ziehen sich weiter zurück“, sagt Mechthild Jansen vom Essener Diözesanrat. Sie zitiert Kardinal Karl Lehmann, der beim Abschied von seinem Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz den Frauen „Rütteln Sie weiter an den Gittern der Kirche“ mit auf den Weg gab.

Ohne Frauen stünde die Kirche still

Auch Claudia Lücking-Michel, die Vizepräsidentin des ZdK und CDU-Bundestagsabgeordnete, ist mit ihrer Geduld am Ende, gleichzeitig aber auch verhalten optimistisch. Denn noch immer gibt es in der katholischen Kirche zwar keine Diakoninnen. Frauen arbeiten dort in der Trauerarbeit, in der Begleitung von Alten, Kranken und Sterbenden, helfen sozial Schwachen, engagieren sich als Katechetin in der Vorbereitung auf Erstkommunion oder Firmung, Lektorin und Leiterin von Wortgottesdiensten, das Diakonat ist ihnen jedoch verwehrt. „Würden alle diese Frauen für einen Tag ihre Arbeit ruhen lassen, stünde die Kirche still“, sagt die ZdK-Vizechefin. Aber auch ohne einen solchen Generalstreik waren für Lücking-Michels die Chancen noch nie so günstig wie jetzt, dass sich etwas ändert.

Das hat auch damit zu tun, dass Papst Franziskus im Mai 2015 beim Treffen mit 850 Generaloberinnen auf deren Fragen antwortete und die lateinamerikanischen Frauen die Frage nach dem Diakonat für Frauen stellten. Sie erklärten, dass sie in ihrer defacto-diakonischen Arbeit immer wieder durch den Machismo der Männer behindert würden. Das berichtet Katharina Ganz, die als Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen in Rom dabei war. Der Papst setzte eine Kommission ein, welche nun die Rolle von weiblichen Diakonen in der Kirchengeschichte prüft. „Es gab Diakoninnen“, sagt der Kirchenhistoriker Hubert Wolf schon jetzt.

Es geht um die Machtfrage

Ungeachtet davon, zu welchem Schluss die Kommission kommt, sind für die Frauen die theologischen und sachlichen Argumente schon lange ausgetauscht. Aus ihrer Sicht geht es nun um reine Machtfragen. „Wir sind jetzt bei der politischen Frage, will ich es oder will ich es nicht“, sagt Claudia Lücking-Michel.

Sie hofft, dass die diese Woche tagende Vollversammlung des ZdK sich darauf einigt, die Bischofskonferenz und den Papst zu ermutigen, die Frage des Frauendiakonats in Form eines Indults, also in Form einer befristeten Ausnahmeregelung, den Ortskirchen, also den Bischöfen, zu überlassen. Lücking-Michels Hoffnung ist, dass das auch im Sinne des Pontifikats von Papst Franziskus, „der offen für die Nöte der Gläubigen ist und viel Verantwortung auf die Ebene der Ortskirchen zurück verlagert.“ Im März hat sich Gebhard Fürst, der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, für das Diakonat der Frau ausgesprochen.