Was um Himmels Willen ist ein Katzencafé? In München, wo das deutschlandweit erste eröffnet hat, gibt’s die Antwort. Hier gehören sechs zutrauliche Katzen genauso zum Inventar wie die Cappuccinotassen.

München – Auf dem schwarzen Steinboden kniet ein junger Hüne und wirft eine Gummimaus in die Luft. Vor ihm eine weiß-rote Katze, die auf der Jagd nach der Attrappe regelmäßig bemerkenswerte Luftsprünge vollführt. Und neben ihnen die Freundin des Mannes, die sich tierisch freut, dass ihr Gefährte so toll spielen kann und dies per Smartphone der halben Republik kundtut. Kein Wunder, dass an den großen Scheiben des Cafés Katzentempel in der Münchner Türkenstraße regelmäßig Passanten und vor allem Passantinnen kleben, in dem hohen, hellen Raum ist zwischen den dunkeln Holzmöbeln mit bunten Kissen schließlich fast immer was los.

 

Am Nebentisch hat gerade eine als Geisha verkleidete, große Rothaarige einen Flirt mit einem schwarz-weißen Kater begonnen, in der Ecke versucht eine Kleinfamilie mit zwei Kindern ein schlafendes Wollknäuel zu analysieren, ohne es zu wecken, und Thomas Leidner eilt in einer grün-lila Kurzhosen-Polohemd-Kombination mit Tortenstücken und kalter Gurkensuppe zwischen seinen Gästen herum. Zu tun, sagt der freundliche Dreißigjährige, der aus einer deutsch-asiatischen Familie stammt, habe er seit der Eröffnung des Lokals ziemlich gut, „es kommen sehr verschiedene Menschen hierher, aus München, aber auch aus anderen Ecken“. Kürzlich war ein 79-jähriger Bonner mit Gehstock da und ganz begeistert davon, dass er nach dem Teetrinken eine Katze streicheln konnte, „aber wir haben auch Gothic- und Heavy-Metal-Leute, Münchner Schickeria, Mütter mit Kindern, ausländische Touristen, einfach alles“.

Sechs schnurrende Kater, Loungemusik und Spendenboxen

Verbinden dürfte die Gäste vor allem eines: Liebe zu Tieren und zu Katzen im Speziellen sowie eine Neugier darauf, was das eigentlich sein soll, ein Katzencafé. So nennt sich Thomas Leidners Lokalität, „erstes deutsches Katzencafé“, aber auch „erstes deutsches Tierschutzcafé“, denn es gibt hier, unter irgendwie japanischen, meditativen Postern zu leiser Loungemusik ausschließlich vegane Lebensmittel, Infos über und Spendenboxen für diverse Tierhilfsprojekte und bedruckte Buttons und Tassen, deren Erlös an gute Zwecke geht. Man kann da sitzen, essen und trinken und hat nebenbei die Gelegenheit, in Kontakt mit den sechs schnurrenden Haustieren zu treten. Balou, Gismo, der dreibeinige Jack, Ayla, Saphyra und Robyn dürfen dann – anders als in Katzencafés in Japan, daher kommt die Idee nämlich ursprünglich – selbst entscheiden, wie stark sie darauf eingehen. Wenn sie Lust haben, wie an diesem heißen Sommertag, liegen oder sitzen sie auf dem Boden, in den diversen Tiermöbeln oder auf den speziell für sie angebrachten Wandbrettern, lassen sich kraulen, animieren und bequatschen oder pennen einfach. Wenn es ihnen zu viel wird, können sie sich durch eine Katzenklappe in ihr abgeschlossenes Privatreich zurückziehen. Und natürlich kommen auch die Besucher selbst leichter miteinander in Kontakt als in anderen Gaststätten.

Eine ganze Reihe von Verboten hindert die Menschen daran, den Tieren zu nahe zu treten. Man darf ihnen zum Beispiel keinen Milchschaum aus der Latte Macchiato füttern, was tatsächlich einmal jemand probiert hat, „da kriegen sie Durchfall“, sagt Leidner. Kinder dürfen sie nicht am Schwanz ziehen oder Verfolgungsjagden machen, solche Sachen. Schließlich soll es den Tieren, die Leidner von einer Hilfsorganisation vermittelt bekam, bei ihm gut gehen, sie sollen entspannt sein können und es vielleicht auf die Besucher übertragen.

Die Küche ist tabu für Katzen

Leidner wollte schon seit früher Kindheit etwas mit Tieren machen, „ich mochte alle Arten, Hunde, Katzen, aber auch Ratten“. Nach seinem Studium hatte er zunächst im Investmentbanking gearbeitet, „das wollte ich dann aber aus ethischen Gründen nicht mehr“. Schließlich erinnerte er sich an eine Wien-Reise, ein Geschenk seiner Freundin, während der er in einem der wenigen europäischen Katzencafés gewesen war. Diese Geschäftsidee überarbeitete der Ökonom nach seinen eigenen Vorstellungen, fand nach langem Vorsprechen bei Banken einen Geldgeber und schließlich auch die passende Immobilie. 160 Quadratmeter bestes Schwabing, zwischen Musik und Buch und dem Café Puck, „das ist schon Traumlage“, findet er.

Und so hat er eine theoretische Prüfung beim Veterinäramt abgelegt, mit Katzen im Tierheim geübt und anschließend sein Café eingerichtet. Eine doppelte, schleusenartige Eingangstür verhindert, dass sie auf die Straße laufen, und er verbrachte die ersten Tage und Nächte in der neuen Heimat gemeinsam mit ihnen, damit sie sich gut eingewöhnen. Damit die hygienischen Bedingungen in der Gastronomie stimmen und keine Haare im Essen landen, hat die Küche einen separaten Eingang, und die Köche dürfen nicht in den Gästeraum. Die Speisen, Schoko- und Zitronentorte, vegane Sandwiches mit Seitan, Humus und Avocado zum Beispiel, holt Leidner mit Abdeckungen versehen an einer Durchreiche ab. Dass er zwischendurch selbst vergessen hat, etwas zu essen, merkt Leidner erst, als seine Freundin anruft. Auch in ständiger Gegenwart von Katzen kann man eben in Stress geraten, wenn man nicht aufpasst.

Adresse:
Türkenstraße 29 (U-Bahn-Station Odeonsplatz), Öffnungszeiten: dienstags bis freitags von 11 bis 20 Uhr, samstags von 10 bis 20 Uhr, sonntags von 10 bis 18 Uhr.