Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras braucht nach zwei Abstimmungen, die er nur mit Hilfe der Opposition überstehen konnte, dringend Klarheit, ob seine Partei noch hinter ihm steht, kommentiert StZ-Politikchef Rainer Pörtner.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Ein Ministerpräsident kann nur erfolgreich regieren, wenn er sich in den entscheidenden Momenten auf die Abgeordneten seiner Partei stützen kann. Dieser schlichten, aber machtvollen Grundregel jeder parlamentarischen Demokratie muss auch Alexis Tsipras Folge leisten. Zweimal kurz hintereinander hat er Reformpakete, die ihm von den Europartnern aufgezwungen wurden, nur mit Hilfe der Opposition durchs Parlament bekommen. Die Syriza-Abgeordneten verweigerten sich in großer Zahl. Es spricht für Tsipras, dass er den Konflikt nun per Parteitag oder Referendum klären will. Soll Griechenland im Euro bleiben oder nicht? Das ist seine Frage. Die Antwort wird notwendige Klarheit schaffen – so oder so.

 

Wenn Tsipras dazu feststellt, dass es in den entscheidenden Stunden von Brüssel für ihn lediglich die Wahl zwischen einem „Grexit“ und dem Prinzip „Hilfe nur gegen Reformen“ gegeben habe, ist das ein Schritt zu mehr Ehrlichkeit. In das Referendum, das der Premier vor dem Verhandlungspoker mit den Europartnern angesetzt hatte, war er noch mit der Ansage an sein Volk gegangen: Wir können auch ohne schmerzhafte Reformen im Euro bleiben und werden Milliarden zur Rettung bekommen, wenn wir uns nur hartnäckig genug wehren. Tsipras nimmt Abschied von Illusionen. Das wird seinem Land guttun.