Keine Liveübertragungen von einer Fußball-WM? In Deutschland undenkbar! Auch Handball ist eine populäre Sportart - trotzdem bleiben die Fernsehbildschirme schwarz, wenn es ab 11. Januar um den WM-Titel geht.

Stuttgart - Die deutschen Handballer bereiten sich derzeit auf die WM vor, die für sie am 13. Januar in Rouen gegen Ungarn beginnt. Sie tun das wie immer unter Trainer Dagur Sigurdsson: konzentriert, engagiert, diszipliniert. Sportlich läuft alles rund, dafür drückt ein anderes Thema auf die Stimmung – die Fans des Titelanwärters schauen in die Röhre. Klar ist, dass es in Deutschland von der WM keine Livebilder bei einem Free- oder Pay-TV-Sender zu sehen geben wird, und selbst die Übertragung der deutschen WM-Auftritte im Internet ist noch nicht gesichert. Das beschäftigt auch die Nationalspieler. „Für uns und für alle Handball-Fans wäre es sehr schade, wenn die WM überhaupt nicht empfangbar sein sollte“, sagt Kapitän Uwe Gensheimer. Und Teammanager Oliver Roggisch meint: „Die Mannschaft und der Handball allgemein hätten es verdient, im TV gezeigt zu werden.“

 

Daran gibt es wenig Zweifel, auch nicht bei ARD und ZDF. Trotzdem waren deren Bemühungen wie vor der WM 2015 in Katar früh gescheitert. Die katarische Agentur beIN Sports hat die weltweiten TV-Rechte an den Turnieren 2015 und 2017 für 81 Millionen Euro gekauft – und verlangt, dass Satellitensignale für das Ausland verschlüsselt werden. Für ARD und ZDF kommt das nicht in Frage, weil sonst in allen deutschen Haushalten, welche die öffentlich-rechtlichen Sender über Satellit schauen, keine Spiele zu sehen wären. Sport1 und Eurosport hatten für ihre Bezahlkanäle kein Interesse, der Pay-TV-Sender Sky (der vor der WM 2015 kurzfristig eingesprungen war) konnte sich mit beIN Sports ebenso wenig einigen wie der kostenpflichtige Streamingdienst DAZN. „Wir müssen jetzt halt versuchen, irgendwie eigenständig etwas auf die Beine zu stellen, wenn es die große Politik nicht hinbekommt“, sagt Bob Hanning, Vizepräsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB), der ein Streaming über die verbandseigene Homepage aber ausschließt, „Handball-Deutschland hat es verdient, die WM-Spiele zu sehen.“

Die Hoffnung des DHB ruht auf einer Übertragung im Internet

Ganz offensichtlich hofft der DHB auf einen Deal des katarischen Rechteinhabers mit der vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gegründeten Internetplattform Sportdeutschland.tv. „Die Zeit wird zwar langsam knapp“, sagt deren Geschäftsführer Björn Beinhauer, „doch wir bemühen uns weiter, den deutschen Handball-Fans dieses so wichtige Ereignis präsentieren zu können.“ Was allerdings nicht mehr als eine Notlösung wäre.

So sieht es auch Wolfgang Strobel. „Es ist richtig bitter, wenn von einer Handball-WM gar nichts im TV kommt“, sagt der Manager des Bundesligisten HBW Balingen-Weilstetten, „bei der EM vor einem Jahr, die in ARD und ZDF gezeigt wurde, hat man gesehen, welchen Stellenwert der Handball einnehmen kann.“ Bis zu 13 Millionen Zuschauer schalteten damals bei den Spielen des Nationalteams in Polen ein. „Danach gab es eine messbar höhere Wahrnehmung für Handball“, erklärt Strobel – und von diesem Interesse hätten auch die Vereine profitiert. Kollege Gerd Hofele bedauert ebenfalls, dass keine TV-Livebilder aus Frankreich zu sehen sein werden. „Bei der EM hatten wir noch enorm hohe Einschaltquoten“, sagt der Manager des Bundesligisten Frisch Auf Göppingen, „die aktuelle Situation ist für den Handball sehr unglücklich.“

Beim Weltverband sieht man das Dilemma allerdings wesentlich gelassener als in Deutschland. Die TV-Quoten im Land des Europameisters seien zwar sehr wichtig, erklärt Hassan Moustafa stets. Der Präsident aus Ägypten sagt aber auch, dass Deutschland für die IHF kein wichtiger Markt sei. „Als Wirtschaftsfaktor spielt Deutschland für uns keine Rolle. Wenn wir eine WM ausrichten, dann kommt kein einziger Sponsor aus Deutschland.“ Weshalb Moustafa bei der Vergabe der weltweiten TV-Rechte für die WM in Kauf nahm, dass hierzulande die Bildschirme schwarz bleiben könnten: „Wir haben unser Geld erhalten. Seitdem können wir nicht mehr bestimmen, sondern nur noch vermitteln.“ Diese Versuche, so es sie tatsächlich gegeben hat, sind gescheitert.