Altes Porzellan hat sehr stark an Wert verloren. Das sei so wegen der Überfeinerung im Rokoko, meint der Keramiker Edmund de Waal. Altes Porzellan sei „feiner Kitsch, weil es tot ist“. Das sehen auch die Künstler so, deren Werke zurzeit im Schloss gezeigt werden: Sie arbeiten an Objekten, die nicht perfekt, dafür aber lebendig sind.

Ludwigsburg - Die Ludwigsburger können ein Lied davon singen: Altes Porzellan hat sehr stark an Wert verloren. Das sei so wegen der Überfeinerung im Rokoko, meint der Keramiker und Buchautor Edmund de Waal. Altes Porzellan sei „feiner Kitsch, weil es tot ist“. Er dagegen wolle mit seinen Arbeiten „Entdeckungen“ machen: „Ich hoffe, dass meine Gefäße lebendig sind und eine Form von Energie haben.“ Ein Programm, das auch die Keramiker unterschreiben würden, deren Werke zurzeit im Schloss gezeigt werden. Alle sind bemüht, sich so weit wie möglich vom Nutzeffekt von Alltagsgegenständen wie Schüsseln, Tellern oder Tassen zu entfernen.

 

Stücke von Gilbert Portanier

„Es gibt zum Glück wieder mehr Keramikinteressierte“, sagt Judith Brauner vom baden-württembergischen Bund der Kunsthandwerker (BdK). Dieses Interesse richte sich jedoch auf zeitgenössisches Kunsthandwerk. „Das liegt daran, dass die Künstler lebendige Dinge machen. Dinge die keine Markenartikel sind, sondern imperfekte Einzelstücke.“ Darum sei der Jury, die bestimmt hat, wer mit welchen Werken zugelassen wird, eine besondere Aufgabe zugefallen: Sie musste eine Auswahl zusammenstellen, die zeigt, wie breit das Spektrum im Bereich Keramik heute ist.

Im übrigen sei der BdK immer bemüht, für seine im Zweijahresturnus im Ludwigsburger Schloss veranstalteten Präsentationen Künstler aus einem Gastland zu gewinnen, sagt Brauner. In diesem Jahr kommen diese von jenseits des Rheins: neun der insgesamt 23 Keramiker sind Franzosen. Nicht mitgezählt ist dabei der mittlerweile 90-jährige Gilbert Portanier, einer der berühmtesten Porzellankünstler Frankreichs und ein Weggefährte Pablo Picassos. Von ihm sind Werke zu sehen – sozusagen außer Konkurrenz. Es handelt sich um Leihgaben des württembergischen Landesmuseums und privater Sammler.

Etwas Monumentales demonstrieren die Wandplatten und Schalen von Claude Champy (Paris). Seine Objekte sind gedreht, in mehreren Arbeitsgängen glasiert und im Holzofen gebrannt. Vieles daran erinnert an geologische Funde und in der Vorzeit wütende Naturgewalten. Und doch dominiert das Bildhafte, Strukturierte.

Individuelle Formensprache

Judith Brauner verweist auf große Teller und Gefäße von Brigitte Penicaud: Diese Kunst lebe von einer Geste, die sich nur wenig um Perfektion schere. Daran erkenne man die französischen Künstler. Als deutsche Gegenpole nennt sie Sibylle Ritter oder Elisa Stützle-Siegsmund. Hier liege die Betonung auf der handwerklichen Perfektion. Aber schon im zweiten der drei Ausstellungsräume muss sich Brauner korrigieren: „Diese Unterscheidung ist wohl nur bedingt richtig“, sagt sie.

Sie trifft beispielsweise sicher nicht auf die Werke von Barbara Wieland oder Christal Artiges zu. Um diesen Künstlerinnen gerecht zu werden, müsste man die ethnologische Zuordnung umkehren. Letzten Endes könne man wohl doch nur individuelle Stile ausmachen: Die Vorlieben für Materien und Formen und ganz spezielle Manierismen zögen sich als wiedererkennbare Merkmale durch das Schaffen der Künstler.