Zwei Bahnsteige im Kurvenbereich machen Nahverkehrsbenutzern den Alltag schwer. Schwieriges Ein- und Aussteigen über eine Lücke hinweg hat zu Unfällen geführt.

Rommelshausen - Eberhard Kögel und seine Mitstreiter in der Wählervereinigung PFB, in den Vereinen Kernen 21 und Allmende sind hartnäckig. Seit Wochen und Monaten prangern sie schlechten Service der Bahn, Verspätungen der S-Bahn und vor allem die Gefahrenstellen an den Bahnhöfen Rommelshauen und Beinstein an. Viele Gespräche und Vorstöße, auch der Bürgermeister aus dem Remstal einschließlich Kernens Rathaus-Chef Stefan Altenberger, ebenso wie des Landtagsabgeordneten Jochen Haußmann (FDP) gab es bei Bahnverantwortlichen, doch passiert ist wenig bis nichts. Der Gemeinderat Kernen hat sich vor wenigen Tagen mit einer Resolution eingeschaltet.

 

In jüngerer Zeit sind mehrere Unfälle auf den Bahnsteigen bekannt geworden

Das Übel am Bahnhof Rommelshausen fällt jungen Menschen vielleicht kaum auf, Nahverkehrsmuffeln und ausschließlichen Autofahrern – die gibt es auch in Gemeinderatsgremien – schon gar nicht. Vielleicht ist es deswegen jahrelang schlicht übergangen worden. Doch in jüngerer Zeit sind mehrere Unfälle auf den Bahnsteigen bekannt geworden. „Einen Planungsfehler“ sieht Kögel als Grund.

Die besonderen Gefahrstellen ergeben sich auf den S-Bahnhöfen Rommelshausen und Stetten-Beinstein

Die besonderen Gefahrstellen ergeben sich auf den S-Bahnhöfen Rommelshausen und Stetten-Beinstein durch den Halt der Züge in einer Kurve. Sie stehen nach links in Fahrtrichtung geneigt, was sie in voller Fahrt in der Kurve aus physikalischen Gründen benötigen, damit sie nicht umfallen. Ohnehin ist beim Einsteigen auf den vergleichsweise niedrigen Bahnsteigen schon ein großer Schritt nötig. Üblicherweise ist die Plattform heute entlang von S-Bahn-Linien auf 96 Zentimeter über Schienenoberkante, in Rommelshausen aber nur 76. Der Abstand vergrößert sich noch durch die Kurvenlage auf bis zu 30 Zentimeter. „Ältere und gehbehinderte Menschen können dies oft kaum schaffen. Sechs bis sieben Unfälle sind in jüngster Zeit bekannt geworden“, hat Kögel gezählt. Bedingt durch die Neigung des Zugs entsteht aber auch ein Spalt zwischen der Bahnsteigkante und dem Waggon von bis zu 15 Zentimeter. Vor allem beim Aussteigen droht ein Schritt ins Nichts und ein schwerer Sturz. „Das ist ein untragbarer Zustand“, protestiert Eberhard Kögel.

Eine Ansage im Zug warnt

Die Bahn hat auf die Probleme reagiert – allerdings nur mit einer Ansage

Die Bahn hat auf die Probleme reagiert – allerdings nur mit einer Ansage: „Achten Sie beim Ausstieg auf die Höhe der Bahnsteigkante“, heißt es seitdem. Doch das reicht nicht: „Wir fordern die Deutsche Bahn auf, diese untragbaren Zustände an diesen Bahnhöfen zu beenden, bevor einmal ein ganz schwerer Unfall passiert“, heißt es in der von Kögel ursprünglich formulierten Gemeinderatsresolution. Dass der Ein- und Ausstieg nicht sicher ist, „das ist ein eklatanter Verstoß gegen die Fürsorgepflicht der Deutschen Bahn gegenüber ihren Reisenden und gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)“, so sagt Kögel weiter. „Es ist eine Unverschämtheit, wie die Bahn sich verhält.“

Verschärft sind Menschen betroffen, die mit dem Rollator unterwegs sind. Dieses Hilfsmittel über die Lücke herauszuheben, kostet Kraft: „Es gibt ältere Leute, die das nicht mehr können“, sagt Kögel. Manche Bürger haben bereits begonnen, die beiden Stationen zu meiden, berichtet Kögel, und sich stattdessen bis nach Fellbach oder Endersbach auf die S-Bahn fahren lassen.

Vertraglich hat die Bahn zusagt, ihre S-Bahn-Haltepunkte barrierefrei auszubauen

Vertraglich hat die Bahn zusagt, ihre S-Bahn-Haltepunkte barrierefrei auszubauen. Wer die Vereinbarungen genau liest, wird allerdings enttäuscht: „Leider bezieht sich dieser Vertrag nur auf den barrierefreien Zugang zu den Bahnsteigen, nicht aber auf den Einstieg in die Waggons“, hat Kögel festgestellt. Aber selbst dies ist am Haltepunkt Stetten-Beinstein, laut dem Aktivisten nach wie vor von vielen Stettenern benutzt, nicht gewährleistet. Ein Aufzug, wie er in Rommelshausen existiert, fehlt.

Ausbau-Hoffnungen vergebens

Ein Ausbauprogramm von 110 Bahnstationen in Baden-Württemberg ist inzwischen für die Jahre von 2015 bis 2019 angekündigt worden zu Kosten von 385 Millionen Euro Aber Kögel befürchtet, dass auf der Sorgenkind-Strecke alles beim Alten bleibt: „Nach Auskunft des Regionalbüros von DB Station & Service sind darin aber keine Ausbauten auf der Remsstrecke vorgesehen.“

Technische Hindernisse

Einem Ausbau stellen sich auch technische Schwierigkeiten entgegen

Einem Ausbau stellen sich auch technische Schwierigkeiten entgegen. Das ist Kögel bewusst. Auf die Kurvenneigung kann die Bahn nicht verzichten. Auch den Bahnsteig mit viel Geld auf die bei reinen S-Bahn-Gleisen üblichen 96 Zentimeter anzuheben, würde nur einen Teil der Probleme lösen, aber auch neue schaffen. Auf der Strecke fahren auch Regionalbahnen, der Interregio-Express von Stuttgart nach Aalen, Güterzüge und sogar ICE. Erstere benötigen die vorhandenen 76 Zentimeter für den Zustieg, den die Bahn kürzlich bei einem Ausfall von S-Bahnen auch ausnahmsweise durch einen außerfahrplanmäßigen Stopp ermöglicht hat. Den Bahnhof in Rommelshausen nach Osten auf die gerade Strecke zu verlegen, kostet viel Geld, falls es überhaupt möglich ist. Die Bahnreisenden würde damit aber auch von der Bushaltestelle entfernt aus- und einsteigen: Eine wichtige Umsteigemöglichkeit würde erschwert.

Bleibt die Idee, wenigstens in einem geraden Teilstück den Bahnsteig zu erhöhen

Bleibt die Idee, wenigstens in einem geraden Teilstück den Bahnsteig zu erhöhen, damit Menschen mit Rollator oder Rollstuhl etwas leichter ein- und aussteigen können. Darauf setzt Eberhard Kögel jetzt und sucht weitere Mitstreiter, wie zuletzt den Gemeinderat und Stadt- und Gemeindeverwaltung. Abweisen lassen sich wollen sich er und seine Mitstreiter nicht länger.