Den überraschend beobachteten Rebhühnern wird durch merkwürdiges Ackerpflügen weiterer Lebensraum genommen.

Rommelshausen - Das abgemähte Maisfeld mit den beiden putzigen, aber scheuen Rebhühnern ist gepflügt. Der kleine Rückzugsraum für eine vom Aussterben bedrohte Vogelart ist dahin. Und fast zeitgleich ist eine weitere Deckung durch jahreszeitliche Bodenbearbeitung verloren gegangen: Aufregung herrschte deswegen in den vergangenen Tagen bei Vogelschützern, bei der Schutzgemeinschaft Schmidener Feld und bei Landwirten.

 

Die Rebhühner brauchen Deckung. Foto: LJV

Der Zusammenhang zwischen Berichterstattung und Umpflügen ist merkwürdig

Der zeitliche Zusammenhang beider Taten mit der Berichterstattung in unserer Zeitung ist höchst merkwürdig. Nur wenige Tage, nachdem erstmals auf eine kleine, aber streng geschützte Rebhuhngruppe hingewiesen wurde, hat die Bodenbearbeitung genau auf den von unserer Zeitung genannten Grundstücken stattgefunden, auch auf einer Brachfläche nördlich der Weinkellerei Kern. Die Flächen boten Tieren zuvor in einem Umfeld intensiver Landwirtschaft eine Zuflucht, und beide sind jetzt erst einmal für die Rebhühner nutzlos. Es blieben nackte Böden übrig, auf denen sich die sanften Tiere nicht vor Fressfeinden verstecken können.

Ob allerdings ein bewusster Naturfrevel stattfand, darüber liegen keine klaren Erkenntnisse vor

Ob allerdings ein bewusster Naturfrevel stattfand, darüber liegen keine klaren Erkenntnisse vor. Denn die Bodenbearbeitung ist zu dieser Jahreszeit eine ganz normale und übliche Tätigkeit. Ausführenden Landwirten war offenbar nicht bekannt, dass auf den von ihnen genutzten Flächen Rebhühner lebten. Ob sie beauftragt wurden, ist unklar.

Die Anwesenheit von streng geschützten Rebhühnern auf Grundstücken in unmittelbarer Nähe und sogar auf Flächen innerhalb der geplanten Gewerbegebietserweiterung Lange Äcker III stellt eine schwere Hypothek für die Bebauungsplanung dar. Flapsige Bemerkungen zu möglichen Auswegen haben die Schutzgemeinschaft Schmidener Feld alarmiert. Vorschläge, wie sie nach ihren Erkenntnissen auf der Facebook Seite eines ehemaligen Gemeinderates zu finden sind, „ das Problem über Nacht kurz und schmerzlos erledigen“, „mit Kräutern der Provence auf den Grill“, seien nicht nur unethisch, sondern auch kontraproduktiv, schreibt Wolfgang Neher namens der Schutzgemeinschaft. Vielmehr solle jetzt die Gemeindeverwaltung alles daran setzen, in Zusammenarbeit mit den Landwirten des Schmidener Feldes und den beteiligten Naturschutzverbänden die erforderliche Bestandspflege so schnell wie möglich in die Wege zu leiten. Neher erinnert an die Vorschriften zum Artenschutz, welche die Gewerbegebietserweiterung stoppen können: Es ist erforderlich, den Bestand an Rebhühnern zu dokumentieren. Nur mit dem Nachweis einer Erhöhung der Population um 25 Prozent sei der Erfolg eines Konzept zum Erhalt der Vögel zu belegen. Der Artenschutz hat bei der Bebauungsplanung Vorrang.

Die Gemeinde Kernen hat bereits angekündigt, die Artenschutzvorschriften zu beachten

Die Gemeinde Kernen hat bereits angekündigt, die Artenschutzvorschriften zu beachten. Erste Gespräche mit Naturschützern, wie mit den Tieren umzugehen ist, sind terminiert. Mit der Pflügeaktion hat die Gemeindeverwaltung nichts zu tun, das sagen gleichlautend Bürgermeister Stefan Altenberger sowie der Pressesprecher der Gemeindeverwaltung, Hauptamtsleiter Bernhard Bühler: „Wir haben keine Aufträge erteilt.“ Eines der beiden Grundstücke, es liegt nördlich der Weinkellerei Kern, ist im Eigentum der Gemeinde Kernen. Mit einem Landwirt hat die Gemeinde eine Pflegevereinbarung geschlossen, nach der er sich bereit erklärt hat, das Grundstück zu pflegen.

Bei dieser Pflege kam jetzt ein anderer Rechtsverstoß zu Tage. Der Ex-Pächter, ein Bauunternehmen, hat dort Bauschutt gelagert und, wie jetzt sichtbar ist, nicht ordnungsgemäß entsorgt.