Die Region eröffnet eine Chance für die Zukunft des Nahverkehrs. Bald soll der Expressbus über Kernen nach Esslingen fahren. Doch es bleiben Wünsche offen.

Kernen - Noch ist es reine Zukunftsmusik. Doch in der Regionalversammlung und der Regionalverwaltung sind die Vorbereitungen angelaufen, zentrale Städte im Raum rund um Stuttgart künftig direkt mit Expressbuslinien ohne Umsteigen und ohne einen Umweg über das S-Bahn-Nadelöhr und das staugefährdete Stuttgart miteinander zu verbinden. Auch die Gemeinde Kernen könnte profitieren.

 

Denn die angedachte Expressbuslinie von Waiblingen nach Esslingen soll nicht, wie zu vermuten wäre, durch den Kappelbergtunnel verkehren, sondern über den Schurwald. Zwischen den Bahnhöfen an den Endpunkten sind derzeit nur zwei Haltestellen vorgesehen: in Rommelshausen in der Karlstraße statt Unter den Arkaden und bei der Diakonie in Stetten.

Hoffnungen auf eine nahe Realisierung der Ideen sind verfrüht

Hoffnungen auf eine nahe Realisierung der Ideen sind indes verfrüht: Die Regionalräte favorisieren derzeit sechs andere Projekte. (Unsere Zeitung berichtete.) Der erste Expressbus in der Verantwortung des Verbands Region Stuttgart soll ohnehin frühestens 2016 rollen.

Die 18 Kilometer lange Linie von Waiblingen nach Esslingen wird dennoch in einer Sitzungsvorlage an die Regionalräte als „wichtige Tangentialverbindung“ zwischen Rems- und Neckartal geführt. Mit einer erwarteten Fahrzeit von 25 Minuten schlägt sie die S-Bahn beim Umstieg auf den Regionalexpress (RE) in Bad Cannstatt allerdings nicht: Diese Fahrt dauert nur 22 Minuten. Wer allerdings keinen RE erreicht, sondern auf die S 1 umsteigt, der muss schon 27 Minuten aufwenden.

Die Expressbuslinie ergäbe eine umsteigefreie Verbindung zwischen den Kreishauptstädten

Aber die Expressbuslinie ergäbe eine umsteigefreie Verbindung zwischen den Kreishauptstädten, die bisher noch fehlt. Die Benutzer hätten einen Preisvorteil: Die Expressbuslinie berührt nur zwei Tarifzonen statt drei. Die Einzelkarte kostet in diesem Fall nur 2,70 Euro statt 3,70 Euro. Dies würde bei der Monatskarte merklich durchschlagen, die von 104,30 Euro auf 78,50 Euro, im Jahresabo von monatlich 86,92 auf 65,42 Euro sinkt.

Besonders attraktiv wäre die Gemeinde Kernen angebunden, nicht nur nach Waiblingen, wohin der Expressbus auf Stopps an vielen Haltenstellen verzichtet, sondern auch nach Esslingen und auch nach Ludwigsburg. Denn der bestehende Expressbus von Waiblingen in die Barockstadt soll betrieblich an die Strecke nach Esslingen angebunden werden. Derzeit startet der Bus der Linie 116 am Bahnhof in Endersbach und verkehrt nur zwei Mal am Tag nach Esslingen.

Den Gedanken an eine Busverbindung über die B 10 und B 14 hat die Geschäftsstelle des Regionalverbands verworfen. Das hohe Staurisiko vor und hinter dem Kappelbergtunnel würde den Expressbus beim Nutzer unzuverlässig erscheinen lassen. Außerdem besteht eine Einschränkung für den Busbetrieb auf autobahnähnlichen Straßen: Bei höheren Geschwindigkeiten sind Stehplätze nicht erlaubt: Alle Passagiere müssen einen Sitzplatz haben, erläutert die Sprecherin des Verbands Region Stuttgart, Dorothee Lang. Dies habe Auswirkungen auf die Auswahl des Fahrzeugs und damit den Betrieb.

Die Expressbuslinie würde die selten verkehrende Linie 116 auf weiter Strecke vollends entbehrlich machen

Keinen zusätzlichen Schub verspricht die Expressbuslinie Waiblingen nach Esslingen aber für weitergehende Stettener Wünsche an den öffentlichen Nahverkehr. Derzeit ist es besonders die SPD im Gemeinderat, die damit liebäugelt, die Linie 116 zu aktivieren, um von Stetten aus den S-Bahn-Haltepunkt „Stetten-Beinstein“ zu erreichen. Erhofft werden schnellere Fahrzeiten zur S-Bahn und weitere kundenfreundliche Umsteigebeziehungen. Die Expressbuslinie würde die selten verkehrende Linie 116 aber auf weiter Strecke vollends entbehrlich machen. Es sei denn, diese würde nur noch zwischen dem S-Bahn-Haltepunkt und Stetten pendeln, ausdrücklich neu definiert als jeweiliger Zubringer zwischen S-Bahn- und Expressbuslinie.

Die Idee der Expressbuslinien hat in Kernen bereits Anhänger gefunden. Mit einem Brief wendet sich Eberhard Kögel vom Verein K 21 an Bürgermeister Stefan Altenberger und den Gemeinderat, den Landtagsabgeordneten Jochen Haußmann (FDP) aus Rommelshausen, der auch Regional- und Kreisrat ist, sowie Landrat Johannes Fuchs. „Eine Schnellbuslinie Waiblingen – Esslingen (eventuell mit Anbindung von Stetten-Beinstein, je nach Linienführung) brächte aber für Kernen und das gesamte Untere Remstal ganz erhebliche Vorteile“, sagt Kögel. Er fordert die genannten Politiker auf, ihren politischen Einfluss für eine schnelle Realisierung der Expressbuslinie geltend zu machen.