Der Film „Betriebsstörung – Macht die Bahn noch mobil?“ lockt viele Zuschauer nach Stetten. Regisseur Hermann Abmayr spricht über die Recherchen zu der Doku über die Bahn.

Stetten - Einen Tag, nachdem die Bahn damit begonnen hat, die Grube für den neuen Tiefbahnhof in Stuttgart auszuheben, hat Allmende Stetten eine andere Seite des Unternehmens gezeigt. Hermann Abmayr, der Stuttgarter Regisseur, hat seine für den Südwestrundfunk gedrehte Dokumentation „Betriebsstörung – Macht die Bahn noch mobil?“ am Mittwoch ins Feuerwehrgerätehaus mitgebracht. Die Zuschauer im gut gefüllten Saal erhielten einen 45-minütigen Einblick in den Konzern, der zum Global Player geworden ist.

 

Die Deutsche Bahn AG (DB) bietet in vielen europäischen Ländern Bus- oder Schienenverkehr an

Volle Züge, Verspätungen und stetig steigende Ticketpreise – darüber schimpfen Bahnfahrer in Deutschland. Doch die Deutsche Bahn AG (DB) bietet in vielen europäischen Ländern Bus- oder Schienenverkehr an, beispielsweise in Malta. Im Juli 2011 übernahm die Tochterfirma DB Arriva den Linienbusverkehr auf der Mittelmeerinsel – mit desaströsem Ausgang. „Die haben in den engen Gassen Gelenkbusse eingesetzt, die sind steckengeblieben“, erzählt ein Bewohner der Inselhauptstadt Valletta im Film kopfschüttelnd.

Mittlerweile ist das Abenteuer Malta beendet, aber noch immer ist die Bahn weltweit im Geschäft. Dass die DB im Ausland investiert und die Infrastruktur, Schienennetz und Bahnhöfe, in Deutschland „verrotten lässt“, „Gewinn vor Gemeinwohl“ setzt, kann Benedikt Weibel nicht verstehen. Der Ex-Chef der Schweizerischen Bundesbahn (SBB) war mit dem Filmteam unterwegs, um aufzuzeigen, was die Deutschen von ihnen lernen können. Die SBB richte ihr Unternehmenskonzept nach der Pünktlichkeit aus, nicht nach Konzerngewinnen. „Ich frage mich, ob in Deutschland die Gewichte richtig verteilt sind.“

Dass Bahnchef Rüdiger Grube öffentlich erklärt hat, das Modell Schweiz mit integriertem Taktfahrplan ließe sich nicht auf das größere Deutschland übertragen, darüber kann Weibel nur lächeln. „Wir sind zwar kleiner, aber fahren fast doppelt so viel Züge pro Gleiskilometer.“ Nach dem Prinzip „Intelligenz vor Beton“ investierten die Nachbarn außerdem pro Kopf fünfmal so viel in das Bahnnetz wie die DB in Deutschland, die selbst von einem Investitionsstau von 30 Milliarden Euro spricht. Für Weibel ist klar, warum. „Die Instandhaltung zahlt die Bahn, für Neubauten kommt der Bund auf.“ Das hat Folgen, für die Pünktlichkeit, aber auch die Sicherheit.

Thilo Böhmer, seit 1999 Lokführer bei der DB, sagt: „Der Film bildet 1:1 die Wirklichkeit ab.“

Thilo Böhmer ist seit 1999 Lokführer bei der DB. „Da ist nichts überzogen, übertrieben oder unwahr, der Film bildet 1:1 die Wirklichkeit ab. Das ist kein Bahn-Bashing“, sagte er hinterher. Jeden Schaden, den er auf seinen Dienstfahrten bemerkt, meldet er sofort. Das Eisenbahnbundesamt stelle die Mängel fest, drohe auch schon mal, eine Strecke zu sperren oder ein Stellwerk außer Betrieb zu nehmen, was beides schon geschehen sei. Denn seitens der Bahn werde nicht immer sofort reagiert, sagte Böhmer. „Die direkt Verantwortlichen würden das meist gerne tun. Doch die vorgesetzte Stelle sagt, wir haben doch bald eine große Maßnahme anstehen, die der Bund bezahlt. Und bis dahin wird halt weiter Flickschusterei betrieben.“