Es wird viel getrunken in Kevin Brooks Krimi „Bis es dunkel wird“. Illegale Drogen spielen im Schmugglerparadies von Hale Island auch eine große Rolle. Doch leider liefern sie nicht das Doping, das der Roman brauchen könnte . . .

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Die stärkste Passage in „Bis es dunkel wird“ steht ziemlich weit vorne im Buch. Es geht im Rückblick um einen Polizisten, der mit einer jungen Frau eine Affäre hat. Die Frau ist Opfer und Zeugin in einem großen Prozess um sexuellen Missbrauch und erwartet ein Kind von dem Beamten. Doch die Sache wird ruchbar, der Polizist erschießt sich, die Frau kommt nie mehr auf einen grünen Zweig und die mittlerweile erwachsene Tochter Robyn hängt an der Nadel.

 

Was sich auf den ersten Blick ein bisschen wie ein zynisches „Selbst schuld“ aus den niederen Ständen lesen mag, offenbart seine tiefe Tragik erst, als der Privatdetektiv John Craine – Sohn des Polizisten, Halbbruder der Fixerin – die näheren Umstände erfährt. Leider hält Kevin Brooks diese hohe emotionale Spannung nicht durch.

Strafrechtlich nicht ganz unproblematisch

John Craine ist reif für die Insel. Nach Hale Island ist er gekommen, weil er Ruhe braucht. Von seinem Job, von seiner Vergangenheit. Seine Frau ist vor 17 Jahren vergewaltigt und ermordet worden, er hat sich auf recht unkonventionelle, strafrechtlich nicht ganz unproblematische Weise um den Täter gekümmert.

Jetzt sucht er sich selbst und seine Halbschwester. Doch noch ehe er weit kommt, steckt er unversehens in einer gewalttriefenden Auseinandersetzung rund um den Drogenschmuggel, der auf dieser Insel zwar eine Jahrhunderte alte Tradition, mit dem Aufkommen harter Drogen aber auch an Schärfe zugenommen hat. Zu den Opfern gehört eine amerikanische Familie. Craine – betrunken wie fast immer – sieht die Leiche der Tochter mit gebrochenem Genick in einem Bunker liegen, doch als die Polizei auftaucht, ist sie spurlos verschwunden. Und dann stellt sich auch noch heraus, dass das Zimmermädchen in seinem Hotel in Wirklichkeit eine verd . . .

Kein erzählerischer Sog

Aber mehr soll hier nicht verraten werden. Nur soviel: auch wenn die Handlung reich an zum Teil recht drastischen Wendungen ist, erreicht Brooks nicht mehr die innere Dramatik der Episode um Craines Vater und dessen Geliebter. Ein erzählerischer Sog mag sich nicht einstellen. Das kann auch daran liegen, dass der Held ständig große Menge weicher und harter, legaler und illegaler Drogen konsumiert, in seiner Handlungsfähigkeit davon aber nicht wesentlich eingeschränkt wird.

Hinzu kommt die Marotte des Autors, häufiger drei Punkte am Ende eines Satzes zu setzen, als dies dem Lesefluss gut täte . . . Irgendwann nervt das ein bisschen . . . Immerhin . . . als regelmäßiger Verfasser von Krimi-Inhaltsangaben kann man diese Angewohnheit als warnendes Beispiel nehmen . . .

Kevin Brooks: Bis es dunkel wird. Roman. Deutsch von Uwe-Michael Gutzschhahn. dtv, 400 Seiten, 9,95 Euro. Auch als E-Book, 8,99 Euro.