Sami Khedira steht im Aufgebot der Fußball-Nationalmannschaft für das EM-Qualifikationsspiel am Samstag gegen Gibraltar. Am Sonntag bestreitet er dann im Stuttgarter Gazi-Stadion ein Benefizspiel zu Gunsten seiner Stiftung.

Faro - Es windet kräftig an der Algarve, es könnte ein paar Grad wärmer sein, auch das Meer ist noch empfindlich frisch. Trotzdem gibt es nicht viele Orte, die besser als die portugiesische Atlantikküste geeignet wären, um den Sommerurlaub einzuläuten. Ein letztes Spiel bestreitet die deutsche Nationalelf noch, in der EM-Qualifikation geht es in Faro an diesem Samstag (20.45 Uhr/RTL) gegen Gibraltar allein um die Höhe des Sieges. Anschließend freut sich nicht nur der Bundestrainer Joachim Löw auf „zwei, drei, vier Wochen, in denen der Fußball in den Hintergrund tritt“.

 

Sami Khedira wird sich für den Müßiggang nicht ganz so viel Zeit nehmen. Am Sonntag lädt er (mit dem Bundestrainer als Feldspieler) zum Benefizspiel zugunsten seiner Stiftung ins Gazi-Stadion auf der Waldau, weshalb der DFB-Flieger extra einen Zwischenstopp in Stuttgart einlegen wird. Und früher als die meisten Kollegen will er bald danach wieder die Arbeit aufnehmen und sich mit einem persönlichen Trainer für neue Saison fit machen. „Aufgrund der letzten Monate habe ich viel aufzuholen“, sagt der Mittelfeldspieler.

Bei Juventus Turin wird Khedira einen Neustart unternehmen, nachdem seine Zeit bei Real Madrid eher unwürdig zu Ende gegangen ist. Im Februar hatte er verkündet, dass er eine neue Herausforderung suchen und seinen auslaufenden Vertrag daher nicht verlängern werde – und wurde anschließend von dem Trainer Carlo Ancelotti fallen gelassen. Wegen Verletzungen hatte er über weite Teile der Hinrunde nicht spielen können, in der Rückrunde durfte er nicht mehr; lediglich siebenmal stand er während der gesamten Saison in der Startelf der Königlichen.

„Fit zu sein und trotzdem keine Chance zu haben, das ist nicht einfach“, sagt Khedira und spricht von „der schwersten Zeit meiner Karriere“. Fünf Jahre spielte er nach seinem Wechsel vom VfB Stuttgart bei Real, vier davon als Stammspieler – doch am Ende merkte er: „Dankbarkeit darf man im Fußball nicht erwarten.“

Lange hat sich Khedira Zeit genommen, nach einem neuen Verein zu suchen. Einerseits standen die Bewerber nicht Schlange, da sich Khedira nicht mehr auf dem Spielfeld zeigen konnte. Andererseits wollte er „keine emotionale Entscheidung treffen, es sollte perfekt passen“. Er traf sich mit den Verantwortlichen des FC Schalke 04, eine Einigung war nahe, die sportärztliche Untersuchung schon geplant. „Sehr gute Gespräche“ seien es gewesen – doch im letzten Moment machte Khedira einen Rückzieher, als der Erfolg ausblieb und der Schalker Trainer Roberto Di Matteo kurz nach dem Saisonende entlassen wurde. Die Unruhen im Club seien zu groß gewesen, sagt Khedira, „leider ist es dort nicht so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe“.

Wie gerufen kam parallel dazu das Angebot aus Turin, wo Khedira auch künftig in der Champions League spielen kann und jährlich vier Millionen Euro verdienen soll. „Sehr, sehr glücklich“ sei er über die Unterschrift unter einen Vierjahresvertrag, vor der er eingehende Erkundigungen eingeholt habe. „Ich habe mich darüber informiert, wie dort trainiert wird, welche Philosophie der Verein hat – und ich habe nur positives Feedback erhalten“, sagt Khedira: „Ich glaube, das ist eine große Familie, die mich da empfangen wird.“

Joachim Löw war regelmäßig eingebunden in die Planungen des Nationalspielers. „Der Bundesliga hätte es gut getan, wenn Sami nach Deutschland zurückgekehrt wäre“, sagt der Bundestrainer – und begrüßt dennoch die Entscheidung Khediras: „Juve ist ein Topverein mit einem guten Trainer und Spielern von überragendem Format. Ich glaube, dass es gut für Sami ist.“ Allerdings weiß auch Löw, dass Khedira momentan noch ziemlich weit davon entfernt ist, einer Mannschaft, die vergangenen Samstag gegen den FC Barcelona beinahe die Champions League gewonnen hätte, entscheidend weiterzuhelfen und den großen Andrea Pirlo zu ersetzen. Ihm fehlen nach der monatelangen Pause neben dem Rhythmus die Dynamik und die Zweikampfstärke, von denen sein Spiel lebt.

„Ich versuche momentan, das mit Erfahrung auszugleichen“, sagt er. Das gelang beim 1:2 am Mittwoch gegen die USA, als Khedira zur Pause eingewechselt wurde, allerdings nur sehr eingeschränkt. Also wird sich der Weltmeister auch gegen Gibraltar zunächst hinter Bastian Schweinsteiger und Ilkay Gündogan anstellen müssen.

Dass er in der neuen Saison wieder zu alter Stärke zurückfinden und jene Fachleute widerlegen wird, die meinen, seine beste Zeit sei bereits vorüber – daran zweifelt Sami Khedira nicht: „Ich bin überzeugt davon, dass ich mich auf mein altes Niveau zurückkämpfen werde.“ Auch deshalb bleibt für Urlaub diesmal nicht viel Zeit.

Die voraussichtlichen Aufstellungen

Gibraltar
Robba – Joseph Chipolina, Sergeant, Ryan Casciaro, Roy Chipolina, Garcia – Bardon, Priestley, Payas, Walker – Lee Casciaro.

Deutschland
Weidenfeller – Rudy, Boateng, Mustafi, Hector – Schweinsteiger, Gündogan – Herrmann, Özil, Schürrle – Götze.

Schiedsrichter
Pisani (Malta).

Das Spiel des Jahres

Besetzung
Es ist ein Staraufgebot, das Sami Khedira für das Benefizspiel zu Gunsten seiner Stiftung am Sonntag im Gazi-Stadion zusammengestellt hat. Neben ihm spielen unter anderen mit: Jens Lehmann, Timo Hildebrand, Mario Gomez, Miroslav Klose, Jérôme Boateng, Thomas Müller, Lukas Podolski, Oliver Bierhoff, Joachim Löw, Fredi Bobic, Cacau, Luka Modric und Krassimir Balakov. Drei Trainer teilen sich das Coaching: Thomas Tuchel, Christian Gross und Jürgen Sundermann. Gegner im „Spiel des Jahres“ ist eine B-Junioren-Auswahl.

Fernsehen Sport 1 überträgt die Partie live. Anpfiff ist um 16.45 Uhr. Im Vorprogramm treten der Rapper Cro und Andreas Bourani auf.