Die Kickers gehen in die Knie: nach dem 0:3 in Aalen wartet der Fußball-Drittligist seit 15 Spielen auf einen Sieg. So langsam wachsen auch die Zweifel am neuen Trainer Tomislav Stipic.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Aalen - Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu Sorgen. „Absteiger, Absteiger“, schallte es am Samstagmittag durch die Scholz-Arena. Die Fans des gastgebenden VfR Aalen wurden verbal mutiger, als ihre Mannschaft mit einem Doppelschlag eine gute Viertelstunde vor Schluss die Weichen auf Sieg gestellt – und damit ihre kleine Krise von acht Spielen ohne Sieg beendet hatte.

 

Das war zu viel für die zahlreichen Gästefans, die zumindest optisch dominiert hatten. Aber der Großteil verließ schon vor Spielende das Stadion, wer wollte es ihnen verübeln nach 15 Spielen ohne Sieg. Talfahrt – und kein Ende. Dabei wollte Trainer Tomislav Stipic „unsere Miniserie von zwei Spielen ohne Niederlage fortsetzen“. Gut eine Stunde lang sah es zumindest nach einem typischen 0:0-Spiel zweier eher schwachen Mannschaften aus, doch just in der kurzen Phase, als die Kickers leicht dominierten und zu einem Abseitstor durch Neuzugang Petar Sliskovic kamen, fielen die Treffer auf der Gegenseite – und die Kickers in alte Verhaltensmuster zurück.

Verteidiger Bihr lässt sich ausspielen

Beim Führungstor ließ sich Manuel Bihr noch in der gegnerischen Hälfte von Matthias Morys vernaschen, und der schon verwarnte Innenverteidiger schaffte es nicht mehr, den Gegenspieler zu attackieren, so dass der dann auch noch in der Mitte freie Bahn zu einem sehenswerten Torabschluss fand. Wo war da die Absicherung, von Stipic gerne „Restverteidigung“ genannt? Aber es sollte noch schlimmer kommen. Erst spielte die gesamte Hintermannschaft auf Abseits (warum?), dann stand der eingewechselte Steffen Kienle völlig frei und die Aalener wussten gar nicht, wie ihnen geschah. Der zweitschwächste Angriff der Liga kam zu drei Treffern. „Die beiden letzten Tore waren einfach zu billig“, sagte Sandrino Braun. Und die Niederlage auch noch teuer erkauft. Abwehrchef Marc Stein musste zur Pause mit Oberschenkelproblemen in der Kabine bleiben, Bihr folgte mit seiner fünften Gelben Karte, so dass gegen Rostock eine neue Innenverteidigung (Starostzik und Baumgärtel versuchten sich in der Schlussphase) auflaufen wird.

Aber kein neuer Spieler. Einen Schnellschuss an diesem Montag zum Ende der Transferperiode schloss Präsident Rainer Lorz aus. „Wir haben genug Spieler.“ In der Tat, 27 Mann sind inzwischen eingesetzt worden, die Frage ist, ob die Qualität ausreicht. „Das war ein Rückschlag“, gab Lorz zu. Der Abstand auf den rettenden 16. Rang beträgt vier Punkte, und das schlechte Torverhältnis kommt noch hinzu.

Und was macht Hoffnung? „Bei Standards waren wir sehr stabil“, sagte Stipic, aber hinten zu anfällig und vorne ohne Durchschlagskraft. Drei Chancen im Spiel sind zu wenig. Das sah auch der Trainer ein: „Wir müssen im letzten Drittel des Feldes mehr Torgefahr kreieren.“ Doch das mit der Kreativität ist so eine Sache, nachdem Stipic in Aalen auf Tobias Pachonik statt Edi Jordanov gesetzt hatte, um über die Seite mehr Spielanteile zu bekommen. Der Schachzug ging nicht auf, es kamen zu wenig Flanken. Und anstatt den Ex-Nürnberger auszuwechseln, opferte er Fabio Leutenecker und zog Pachonik nach hinten.

Besser wurde dadurch nichts. Im Gegenteil, jetzt fielen die Tore. Wie hatte Stipic vor dem Spiel gesagt? „Mit jeder Niederlage entladen sich die Spieler.“ Würde bedeuten, dass der Akku leer ist. Nicht ganz, aber der Kopf schon. „Die Mannschaft ist verunsichert“, sagte der verletzte Kapitän Enzo Marchese. Kein Wunder, nachdem kaum ein Trainerwechsel so verpufft ist wie der von Steffen zu Stipic. Der hatte neulich eingeworfen, dass er die Krise nicht eingeleitet hat. Simmt schon, aber er hat sie auch nicht annähernd gestoppt.

Stipic seit sieben Spielen ohne Sieg

Sieben Spiele ohne Sieg sind ein Einstand, der auch schon der Ausstand sein könnte. Doch nach Sportdirektor Michael Zeyer betonte auch Lorz die Treue. „Über den Trainer brauchen wir nicht zu diskutieren. Entscheidend ist, dass die Mannschaft jetzt in die Spur kommt.“ Abwarten.

Bisher haben weder Trainerwechsel groß gefruchtet, noch die nur fünf Nachverpflichtungen (dass Elia Soriano in Großaspach Würzburgs Siegtreffer markierte, passt ins Bild). Und jetzt kommt Rostock zum ultimativen Schlüsselspiel nach Degerloch. Nicht dass die Fans wieder Hohn ernten. Akustisch könnte der Gast am Samstag überlegen sein – Hansa hat schon mal 1000 Karten geordert.