Ein experimenteller Impfstoff bot bei klinischen Versuchen in Westafrika einen hundertprozentigen Schutz vor der tödlichen Krankheit. Zahlreiche Fachleute reagierten hoffnungsvoll, doch weitere Tests sind notwendig.

Paris - Es ist womöglich ein entscheidender Durchbruch im Kampf gegen Ebola: Ein experimenteller Impfstoff bot bei klinischen Versuchen in Westafrika einen hundertprozentigen Schutz vor der tödlichen Krankheit. Mit dem Mittel VSV-ZEBOV stehe die Welt davor, einen „wirksamen Ebola-Impfstoff“ zu bekommen, erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO am Freitag. Zahlreiche Fachleute reagierten hoffnungsvoll, doch sind noch weitere Tests nötig.

 

Mehrere tausend Menschen nahmen an dem Test des Impfstoffs VSV-ZEBOV in Guinea teil, wo die Ebola-Epidemie im Dezember 2013 ihren Anfang genommen hatte. Der Impfstoff wurde von der kanadischen Gesundheitsbehörde PHAC entwickelt und von den US-Pharmaunternehmen Merck und NewLink Genetics lizenziert.

Kein Erkrankter unter über 4000 Risikopersonen

Laut den Studienergebnissen, die am Freitag im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht wurden, erhielten 4123 Menschen den experimentellen Impfstoff sofort, nachdem jemand in ihrem näherem Umfeld an Ebola erkrankt war. In den zehn Tagen nach der Impfung erkrankte demnach keiner der Versuchsteilnehmer an dem Virus.

Bei einer Kontrollgruppe mit 3528 Teilnehmern erfolgte die Impfung erst 21 Tage, nachdem jemand aus dem Umfeld an Ebola erkrankt war. In dieser Gruppe gab es 16 Infektionen. Sechs Tage nach der Impfung war aber auch die Kontrollgruppe vollständig geschützt. „Wir können also sagen, dass der Impfstoff nach etwa einer Woche zu 100 Prozent vor einer Ebola-Ansteckung schützt“, erklärte der an der Studie beteiligte Forscher Sven Trelle von der Universität Bern.

Experten sehen Durchbruch

Die Ergebnisse wurden weltweit als wichtiger Durchbruch begrüßt, doch wurde zugleich gemahnt, dass weitere Tests notwendig seien. „Das ist eine extrem vielversprechende Entwicklung“, erklärte die WHO-Direktorin Margaret Chan. „Ein wirksamer Impfstoff wird ein weiteres sehr wichtiges Instrument für derzeitige und künftige Ebola-Ausbrüche sein.“ Es müsse aber noch herausgefunden werden, ob mit dem Wirkstoff eine „kollektive Immunität“ ganzer Bevölkerungsgruppen erzielt werden könne.

Der britische Virologe Benjamin Neumann sprach von der „bislang vielversprechendsten medizinischen Entwicklung im Rennen gegen Ebola“. In einem nächsten Schritt soll der Impfstoff auch an Jugendlichen sowie womöglich an Kindern getestet werden. Peter Smith von der Londoner Hochschule für Hygiene und Tropenmedizin nannte das Studienergebnis „sehr aufregend“.

Bertrand Draguez von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen sprach von einem „einzigartigen Durchbruch“. Er mahnte aber zugleich, es sei „noch viel mehr Forschung und Analyse“ nötig. „Wir brauchen noch mehr Daten, um sagen zu können, wie wirksam diese Prävention tatsächlich ist.“ Unklar sei unter anderem, wie lange der Schutz anhalte, sagte Draguez.

Über 11.000 Tote bei letzter Epidemie

Bei der Ende 2013 in Westafrika ausgebrochenen Ebola-Epidemie wurden in Guinea, Sierra Leone und Liberia rund 28.000 Menschen infiziert, mehr als 11.000 Menschen starben.

Bislang gibt es keinen offiziell zugelassenen Impfstoff gegen die tödliche Krankheit. Neben VSV-ZEBOV werden im Kampf gegen Ebola derzeit noch weitere Impfstoffe entwickelt. Der Wirkstoff ChAd3, den der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline zusammen mit dem US-Institut für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID) entwickelt hat, wird seit Februar in Liberia getestet.