In Stuttgart gibt es viele Sportangebote für junge Flüchtlinge. Fußball ist besonders beliebt. „Wir verstehen uns mit Händen und Füßen“, sagt Organisator Johannes Rost.

Stuttgart - Rund 1000 minderjährige Flüchtlinge sind in Stuttgart untergebracht. Weil sie nach der Flucht aus ihren Heimatländern bei ihrer Ankunft in Deutschland noch nicht Deutsch sprechen, wird die Integration der Kinder und Jugendlichen dort angesetzt, wo sie praktisch ohne Sprache funktioniert: im Sport.

 

In Stuttgart gibt es inzwischen viele Sportvereine, die sich freiwillig dazu bereit erklärt haben, Flüchtlinge am Trainingsbetrieb teilnehmen zu lassen. Daneben schaffen aber auch sozial engagierte Vereine, wie das Gemeinschaftserlebnis Sport (Ges), Sportangebote für die jungen Flüchtlinge. „Wir haben insgesamt 80 Sportangebote über ganz Stuttgart verteilt. Die meisten unserer Teilnehmer sind Migranten und Flüchtlinge“, sagt Fabian Schönleber, der als Sportlehrer beim Ges tätig ist. Im Programm sind neben Fußball und Basketball auch andere Sportarten wie Joggen. Die Angebote seien vor allem für die jungen Flüchtlinge attraktiv, weil der Zugang zum organisierten Sport in Vereinen etwas komplizierter geregelt sei als beim Ges. „Man muss bei uns kein Mitglied sein. Es kann jeder ohne Anmeldung und kostenfrei mitmachen“, so Schönleber. Die Nachfrage nach sportlichen Betätigungsmöglichkeiten sei groß, auch wenn die Teilnehmerzahlen hin und wieder schwankten: „Manchmal sind zwar nur fünf da, dann aber auch wieder 20 oder mehr Leute. Es gibt keine festen Gruppen. Jeder kommt, wenn er die Zeit hat“, sagt Schönleber.

Schwarzes Brett für Flüchtlingsangelegenheiten

Beim Ges ist man überzeugt davon, dass Sport positivere Lebensbedingungen für junge Menschen schaffen kann. Schönleber und sein Team gehen deshalb auf die Flüchtlinge zu und stellen ihr umfangreiches Sportprogramm auch in den Flüchtlingsheimen vor. Oder sie schauen im Internet nach: Auf der Facebook-Seite „Refugees, welcome to Stuttgart“, eine Art schwarzes Brett für Flüchtlingsangelegenheiten, wurden sie auf eine Anfrage des Flüchtlingsheims an der Böblinger Straße aufmerksam. „Wir haben einen Fußballplatz gesucht, auf dem wir für eine Stunde mit den Flüchtlingen kicken können, aber keinen gefunden“, so Johannes Rost, der gerade sein Studium an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg beendet hat und sich ehrenamtlich für Flüchtlinge einsetzt. „Fabian Schönleber hat auf die Anzeige auf Facebook reagiert, uns angerufen und mitgeteilt, dass wir beim SV Heslach auf den Platz können“, so Rost. Seitdem treten er, ein paar seiner Freunde und die Flüchtlinge vom Heim an der Böblinger Straße jeden Donnerstagabend auf dem Heslacher Sportplatz gegen den Ball. „Wir verstehen uns mit Händen und Füßen. Auf dem Feld muss ja nicht viel geredet werden. Das klappt ganz gut“, sagt der 24-Jährige.

Jungs wollen immer nur Fußball spielen

Fußball spielt für die meisten jungen Flüchtlinge eine wichtige Rolle. Steffen Mayer, freiwilliger Sozialdienstleister beim Ges, kann das bezeugen. Er leitet den Sportunterricht einer Internationalen Vorbereitungsklasse (IVK) der Stuttgarter Falkertschule, mit der das Ges kooperiert. In dieser Klasse lernen junge Flüchtlinge zwischen 13 und 17 Jahren aus unterschiedlichen Ländern die deutsche Sprache und werden später in normale Klassen eingegliedert. Der Sportunterricht der IVK läuft etwas anders, als man es vielleicht gewohnt ist, denn die Schüler schmieden am Lehrplan mit. „Die Jungs wollen immer nur Fußball spielen. Das macht ihnen eben am meisten Spaß“, sagt Mayer. Nur selten spielen sie auch mal Völkerball, „aber dann mit den Regeln aus dem Balkan, das funktioniert aber etwas anders“, so Mayer.

Weil das Spiel mit dem runden Leder eine so universelle Sprache spricht, hat das Ges überwiegend Fußballangebote im Programm. Die Bandbreite soll sich aber auf Wunsch einiger Flüchtlinge erweitern: „Wir betreuen viele junge Menschen aus Afghanistan und Pakistan. Dort ist Cricket sehr beliebt“, so Schönleber. In den nächsten Wochen wird das Cricket-Angebot auf dem Platz der SF Stuttgart auf der Waldau starten. Übrigens ein Novum: Fußballvereine gibt es in Stuttgart en masse, „aber es gibt noch keinen Cricketckub“, sagt Schönleber: „Vielleicht wird das ja der erste.“