Es gibt Pechvögel wie Donald Duck und Glückspilze wie Gustav Gans. In seiner Kinder-Uni-Vorlesung am 8. Mai 2015 erklärt der Professor Christian Hesse von der Uni Stuttgart, wie sich der Zufall mit den Mitteln der Mathematik berechnen lässt.

Stuttgart - Für viele Menschen ist es wichtig, viel Geld zu besitzen. Sie verbinden Reichtum mit Glück. Wer viel verdient, hat ein gutes Leben. Doch stimmt das wirklich? Ein Blick in die Comic-Welt von Entenhausen könnte bei der Suche nach einer Antwort helfen.

 

Wer kennt ihn nicht, den geizigen, schrulligen alten Onkel von Donald, Dagobert Duck? Er hat einen Speicher randvoll mit Geld, badet leidenschaftlich gern darin und gibt leidenschaftlich ungern etwas von seinem Reichtum ab. Besonders seinem Neffen Donald gönnt er nicht einmal das Schwarze unter den Nägeln. Lieber würde sich Dagobert für immer bei Wasser und Brot in seinem Speicher festketten lassen, als dass er Donald auch nur einen Cent von seinem vielen Geld abgeben würde.

Wenn er wieder mal eines seiner unzähligen Geldbäder nimmt, kommentiert er das in den Comics oft mit den Worten: „Es ist mir ein Hochgenuss, wie ein Seehund hineinzuspringen! Und wie ein Maulwurf darin herumzuwühlen! Und es in die Luft zu schmeißen, dass es mir auf die Glatze prasselt!“

Sympathisch ist Dagobert nicht gerade

Doch wie ist Dagobert eigentlich zu so viel Geld gekommen? Irgendwann einmal in seinem Leben hat er viel Glück gehabt. Eine von vielen Geschichten dazu geht so: Mit 13 Jahren zieht Dagobert mit seinem Onkel Diethelm von Schottland in die Vereinigten Staaten. Dort arbeitet er zunächst als Kapitän auf dem Mississippi, später als Cowboy und Kupferschürfer. Anschließend sucht er glücklos im Wilden Westen und in Australien nach Gold, bis er schließlich während des Klondike-Goldrauschs in Alaska ein Goldnugget von der Größe eines Straußeneis findet. 1899 verdient Dagobert Duck der Legende nach seine erste Million.

Nachdem er mit verschiedenen anderen Geschäften Milliardär geworden ist, zieht er 1902 nach Entenhausen, wo er auf dem Hügel des ehemaligen Fort Entenhausen seinen Geldspeicher errichtet. Dort lagert Dagobert fortan sein Vermögen und wird zum reichsten Mann der Welt.

Dagoberts erste selbst verdiente Münze, ein Zehn-Kreuzer-Stück, spielt in vielen Comics eine wichtige Rolle. Für ihn hat das Stück einen großen ideellen Wert, und er bewahrt es unter einer gesicherten Glasglocke auf. Die Hexe Gundel Gaukeley versucht nämlich immer wieder den Glückstaler zu stehlen, um ihn in einem magischen Amulett zu verschmelzen.

Menschlich gesehen ist Dagobert Duck ein echter Unsympath. Habgierig, geizig, berechnend und engstirnig. Hin und wieder erlaubt er sich eine großzügige Geste wie Nachsicht oder Verständnis, doch im Grunde seines Herzens zählt für Dagobert nur sein Geld. Dieses repräsentiert sein Leben, seine Prinzipien und Ideale. Er identifiziert sich damit, es ist sein Lebenswerk.

Insofern ist Dagobert vielleicht tatsächlich ein Glückspilz – wenn auch nur aus seiner persönlichen, materiellen Perspektive gesehen.

Ob Dagobert wirklich glücklich ist?

Bei den gefiederten Freunden in Entenhausen gibt es nämlich noch einen ganz anderen Glückspilz. Einen, bei dem man mit Fug und Recht behaupten kann: „Der Mann hat echt Schwein im Leben.“ Und zwar in allen möglichen Lebenslagen, nicht nur was den schnöden Mammon angeht. Gemeint ist Gustav Gans.

Das Lebensmotto des Vetters von Donald lautet: „Der Pilz des Glückes wartet fein – es können Dinge sich begeben, die ihn der Arbeit ganz entheben!“ Gustav – der übrigens trotz seines Nachnamens auch zu den Enten gehört – ist chronisch faul, er verabscheut Arbeit, betrachtet sie sogar als Schande. Wenn er sich sein Geld tatsächlich einmal selbst verdienen muss, schämt er sich so sehr dafür, dass er dies sogar vor seiner Familie verheimlicht.

Zum großen Ärger von Donald und Dagobert gewinnt Gustav oft im Lotto oder bei Preisausschreiben und findet Geld auf der Straße oder Diamanten in Pralinenschachteln. Bei Glücksspielen gewinnt er immer wieder Reisen oder Bargeld. Eitelkeit und Arroganz prägen seinen Charakter, er weidet sich gern an Donalds chronischem Pech und demütigt ihn nach Herzenslust, indem er sich immer wieder an Donalds Herzensdame Daisy ranschmeißt.

Dagobert Duck und Gustav Gans – beide haben viel Glück im Leben, sind aber ansonsten ziemliche Kauze. Ob sie wirklich glücklich sind, wissen nur sie selbst. Denn gefühltes Glück lässt sich nicht berechnen.

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Porträt des Kinder-Uni-Professors Christian Hesse

Christian Hesse weiß, dass der Zufall gar nicht so zufällig ist, wie man immer glaubt. Der 54-Jährige ist Professor für Stochastik an der Universität Stuttgart. Das bedeutet, dass er sich mit Hilfe von Formeln mit Zufällen und Wahrscheinlichkeiten beschäftigt. Zum Beispiel das Würfeln: Hesse kann zwar nicht sagen, welche Zahl gewürfelt wird, aber er kann berechnen, dass, wenn man tausendmal würfelt, der Durchschnitt der gewürfelten Zahlen immer 3,5 betragen wird. Er untersucht aber auch Zikaden, Warteschlangen, Börsenkurse und vieles andere mehr. Dabei entdeckt er, dass der Zufall durchaus seine Regeln hat.

Hesse ist 1960 in Oberkirchen geboren. Das ist ein kleines Dorf in Nordrhein-Westfalen. Seine Mathebegeisterung hat ihn als Student in die USA gezogen, wo er an der Harvard-Universität seinen Doktortitel erwarb. Schließlich kam er wieder zurück nach Deutschland und gibt seitdem sein Wissen an seine Studenten weiter.

Der Forscher weiß, dass Mathe kompliziert sein kann. Deshalb schreibt Hesse auch Bücher in verständlicher Sprache. Darin beschreibt er, wie sehr die Mathematik Einfluss auf unseren Alltag nehmen kann. Damit begeistert er vor allem die Menschen, die mit Zahlen und Formeln wenig anfangen können. In der Kinder-Uni widmet er sich einem ganz alltäglichen Thema: Kann man Glück und Pech berechnen? (Berkan Cakir)