In Stuttgart fehlen 6000 Betreuungsplätze für Schulkinder. Ein neuartiges Projekt aus Botnang soll jetzt Abhilfe schaffen: das so genannte Schülerhaus.

Stuttgart - In Stuttgart fehlen 6000 Betreuungsplätze für Schulkinder. An der Kirchhaldenschule in Botnang ist am Freitag ein neuartiges Betreuungsmodell eröffnet worden, das Abhilfe schaffen soll: das sogenannte Schülerhaus. Dabei handelt es sich um eine bedarfsgerechte Betreuung auf Hortniveau samt warmem Mittagessen und Ferienbetreuung – wahlweise bis 14.30 oder 17 Uhr. Extra Räume dafür gibt es allerdings nicht. Das Modell soll flächendeckend an Stuttgarter Grundschulen umgesetzt werden und nach und nach die externen Horte, aber auch den „Wirrwarr unterschiedlicher Betreuungsformen“ ersetzen, wie die Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann sagte. Das Modell ist eine Übergangslösung, bis die Grundschulen zu echten Ganztagsschulen umgestaltet sind.

 

Einheitliche Betreuungsstandards schaffen

„Die klassische Halbtagsbetreuung war vielen Eltern nicht mehr genug“, berichtete Reinhold Sterra, der Leiter der Kirchhaldenschule. „Dies brachte die Kommune in Zugzwang – sie reagierte und baute die Betreuung um. Doch das Konzept stieß an seine Grenzen.“ Bekanntlich versuchten viele Schulen, bei der Betreuung zu improvisieren. „Es gab nicht überall ein warmes Mittagessen, der Personalschlüssel war nicht zufriedenstellend, und wer eine Hausaufgabenbetreuung wollte, musste diese oft doppelt und dreifach bezahlen“, so Eisenmann. Tatsächlich ist dies immer noch an vielen Schulen so. Es brauche noch etwas Geduld, bis das neue Konzept flächendeckend umgesetzt sei, meinte die Bürgermeisterin, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Isabel Fezer (Soziales) das Konzept der Schülerhäuser entwickelt hatte. Auch Fezer kam zur Eröffnung nach Botnang.„Bisher fühlten sich Eltern, die einen Hortplatz ergattert hatten, als hätten sie einen Sechser im Lotto“, berichtete Eisenmann. Künftig solle es die Regel sein, dass auch Schulkinder nach ihrem Bedarf betreut werden. „Es war uns wichtig, einheitliche Standards bei der Betreuung zu schaffen“, sagte Eisenmann. Sie betonte: „Das Schülerhaus ist kein Hort light.“ Die Botnanger Schule setzt das neue Modell als erste Grundschule um. Hier sei der Bedarf besonders hoch, aber auch die Voraussetzungen an der Schule seien „nicht schlecht“.

Konzept des Schülerhauses

Im Unterschied zu vielen anderen Grundschulen, in denen sich Schulleiter nebenher auch um die Organisation der Betreuung und des Essens kümmern, hatte die Kirchhaldenschule bereits im Jahr 2006 die Jugendhausgesellschaft mit dem Management der Schulkindbetreuung beauftragt. „Ein verlässlicher Partner“, wie Sterra betonte.

Durch den Umbau zum Schülerhaus konnten die Ferienbetreuung (zehn Wochen lang von 7.30 bis 17.30) sowie die Spätbetreuung professionell ausgebaut werden. 135 der 200 Grundschüler nutzen das Angebot: vier Gruppen werden bis 14.30 betreut, drei Gruppen bis 17 Uhr. Für die Spätbetreuung werden pro Gruppe zwei Facherzieher eingesetzt. Gegessen wird in zwei Schichten im Foyer der Schule, die Gruppenräume werden zum Teil vormittags auch als Klassenräume genutzt.Zusätzliche Schränke für Bastelmaterial sowie eine Leseecke sollen die Mehrfachnutzung erleichtern. Auch eine tägliche Hausaufgabenbetreuung von 14 bis 15 Uhr steht auf dem Programm. Neben den regulären Spiel- und Bewegungsangeboten können sich die Kinder zwischendurch im Pausenhof oder in der Turnhalle austoben. Für Kreativangebote wird die zehn Fußminuten entfernte Werkstatt des Kinderhauses der Jugendhausgesellschaft mitgenutzt. Deren Vorsitzende, die CDU-Stadträtin Iris Ripsam, lobte das Konzept des Schülerhauses als „Meilenstein“.

Sechs bis zehn Schülerhäuser geplant

Mittelfristig, frühestens aber zum übernächsten Schuljahr, soll die verbindliche Ganztagsschule in Botnang das Schülerhaus ablösen. Flächendeckend soll diese Umgestaltung an allen Grundschulen, sofern diese es wollen, bis 2020 abgeschlossen sein. Zuvor aber werden als Zwischenlösung weitere Schülerhäuser an den Start gehen – in den nächsten Monaten sechs bis zehn. 21 Millionen Euro investiert die Stadt 2012/13 für den Ausbau der Infrastruktur – vor allem Küchen. Sterra kündigte an, man werde ganz ohne zusätzliche Räume mittelfristig nicht auskommen. Mit der jetzigen Küche könne man gerade 130 der 200 Kinder verköstigen. Geplant sei ein Anbau mit einer viergruppigen Kita samt einem Schülerrestaurant für alle.