Die Verwaltung will 114 zusätzliche Stellen in Stuttgarter Kindertagesstätten schaffen - der Personalrat hält dagegen 150 für notwendig.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Bei der Umsetzung der neuen Vorgaben des Landes für die Personalausstattung von Kindertageseinrichtungen gibt es Streit zwischen Verwaltung und Personalrat. Nach der Lesart der Mitarbeitervertretung müssen 150 zusätzliche Stellen geschaffen werden, nach der Rechnung der Verwaltung nur 114. Bezieht man in die Kalkulation noch die Ansprüche der freien Träger ein, geht es um eine Streitsumme von insgesamt 3,4 Millionen Euro.

 

Noch die alte schwarz-gelbe Landesregierung hatte zur Verbesserung der Betreuungsqualität in Kitas den Personalschlüssel erhöht. Für die 182 Einrichtungen der Stadt, in denen rund 2000 Beschäftigte auf 1300 Vollzeitstellen tätig sind, würde das einen Zuwachs von 150 Stellen bedeuten. Dies entspräche einem Plus von fast zwölf Prozent, wodurch zusätzliche Kosten von 6,5 Millionen Euro anfallen würden.

Die Stadtverwaltung ist allerdings überzeugt, dass sie eine ausreichende Qualitätsverbesserung in den Kitas auch mit nur 114 neuen Stellen erreicht. Dadurch hätte die Kommune mit Mehrkosten von 4,8 Millionen zu rechnen - also 1,7 Millionen Euro gespart. Die Kalkulation kommt so zustande: man hat die 75 Vollzeitstellen von Leitungskräften in den Kitas, die seit einem Ratsbeschluss von 1999 von der Tätigkeit in den Gruppen freigestellt sind, zur Hälfte auf die zu schaffenden neuen Stellen angerechnet. Der Hintergrund: in kleinen Einrichtungen liegt der Freistellungsanteil pro Kraft oft weit unter 100 Prozent.

Eine Frage der Glaubwürdigkeit

Damit ist der Personalrat aber nicht einverstanden. Man erkläre stets, eine bessere Bildungspolitik machen zu wollen, und dann kämen solche Konstrukte heraus, kritisiert der Personalrat Markus Freitag die Pläne. "Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit." Wegen der wachsenden administrativen Aufgaben der Leitungskräfte in den Kitas dürften deren Freistellung in keinem Fall eingeschränkt werden, sagt Freitag.

Dies habe man gar nicht vor, verteidigt Heinrich Korn, der stellvertretende Leiter des Jugendamts, die Pläne. In der Praxis werde sich in den Einrichtungen nichts ändern. Die Anrechnung der Freistellungsanteile der Leitungskräfte sei auch kein Rechentrick, sondern inhaltlich begründet. Die im Orientierungsplan des Landes vorgesehenen Aufgaben zur Qualitätsverbesserung, etwa die Elternarbeit, würden in der Realität tatsächlich von den Kitaleitungen ausgeführt. Der Vorschlag sei deshalb auch "kein Sparmodell", so Korn.

Entscheidung wurde verschoben

Personalrat Freitag unterstellt der Verwaltung, sie habe die vorliegende Lösung gewählt, um die Ausgaben für die Kitas von freien Trägern zu begrenzen, die in Stuttgart etwa 60 Prozent der Plätze bereitstellen. Im Zuge der Gleichbehandlung sollen diese 11,2 Millionen Euro erhalten: 9,5 Millionen Euro für mehr Stellen nach dem neuen Schlüssel und 1,7 Millionen Euro für die Freistellung von Leitungskräften.

Dazu kämen weitere 1,7 Millionen Euro, so man die Forderungen des Personalrats umsetzte. Damit bekämen die freien Träger erstmals Geld von der Stadt für die Kosten von Freistellungen sowie für längere Öffnungszeiten, die sie zum Teil bereits anbieten, bisher aber nicht honoriert bekommen haben. "Das bringt alles richtig was für mehr Qualität", sagt Jugendamtsleiter Bruno Pfeifle.

Im Rat ist die Entscheidung diese Woche verschoben worden. Die CDU braucht noch Bedenkzeit, will genauere Zahlen, sieht die Anrechnung der Leitungsfreistellungen aber kritisch. Grüne und SPD haben sich dem Verwaltungsvorschlag angeschlossen. Dazu haben sie aber beantragt, insgesamt noch gut drei Millionen Euro gezielt für Kitas in Problemgebieten, für die Fortbildung von Erzieherinnen und für die Personalgewinnung auszugeben - so dass nicht nur mehr Stellen auf dem Plan der Kitas stehen, sondern diese tatsächlich auch besetzt sind.