Die Kita Grüninger Straße soll abgerissen und neu gebaut werden – mit Kleinkindbereich und der Möglichkeit für Ganztagsbetreuung. Damit ginge Birkach mit dem Trend, der sich auch in Sillenbuch und Degerloch abzeichnet.

Filder - Die Toiletten sind nur ein Punkt von vielen. Und auch nur ein kleiner. Nicht, weil es sich tatsächlich um Kinder-WCs handelt, sondern weil es dem Elternbeirat der städtischen Tageseinrichtung für Kinder an der Grüninger Straße um mehr als nur die notwendige Sanierung des stillen Örtchens in der Kita Grüni geht.

 

„Wir wünschen uns wenigstens für einen Teil der Kinder eine Ganztages-Kita“, sagt Maja Kles. Die Vorsitzende des Elternbeirats spricht damit einen Wunsch aus, den immer mehr Eltern teilen. Doch ausgehend von den Zahlen, die das Jugendamt im vergangenen Jahr zur Kinderbetreuung veröffentlicht hat, spricht sie ihn in einem dafür denkbar ungünstigen Stadtbezirk aus: Für 524 Drei- bis Sechsjährige gibt es in Birkach und Plieningen 468 Betreuungsplätze, der Versorgungsgrad bezogen auf acht Stunden und mehr liegt bei 27 Prozent. „Das Ganztagesangebot ist deutlich zu niedrig“, urteilt das Jugendamt.

Zumindest ein Essen

Auch die Kita Grüni kann lediglich verlängerte Öffnungszeiten anbieten. Fürs Erste wäre der Elternbeirat in der Tat auch schon mit weniger als einer Ganztagesbetreuung zufrieden: „Zumindest ein warmes Mittagessen wäre wichtig“, sagt Kles. Ihre Kollegin Steffi Thermann, die schon einen entsprechenden Vorschlag in den aktuellen Bürgerhaushalt eingebracht hat, schildert das Problem: „Wenn ich meine Tochter um 14 Uhr abhole, ist sie durch“, sagt die berufstätige Mutter. Doch so bescheiden der Wunsch nach einem warmen Mittagessen für die Kinder ist, so schwierig scheint seine Erfüllung. „Die Küche ist komplett ausgestattet, aber eine Küchenkraft wird nur zugelassen, wenn es eine Ganztages-Einrichtung ist. Und dafür müssen gewisse bauliche Voraussetzungen erfüllt sein. Erweitern dürfen wir aber nicht, weil ein Anbau wohl energetisch zum Gebäude passen muss“, erklärt Maja Kles. Für sie wäre es „die gescheiteste Lösung, das hier komplett abzureißen und für mehr Kinder wieder aufzubauen – mit einem Ganztagesbereich und einem Kleinkindbereich“.

Dieser Wunsch könnte in Erfüllung gehen. „Wir haben geprüft, ob ein Anbau realisierbar ist. Aber weil er unrealistisch ist, werden wir den Abriss und Neubau angehen“, sagt der stellvertretende Leiter des Jugendamts Heinrich Korn. Darüber, ob eine Ganztagesbetreuung und eine Krippe an der Grüninger Straße wirklich wahr werden, entscheidet letztlich der Gemeinderat. Doch Korn ist optimistisch – nicht nur für Birkach: „Die Gesamtsituation wird sich erheblich verbessern.“

Statistik trügt

Tatsächlich drängt die Aufstockung der ganztägigen Betreuungsplätze auch in anderen Stadtbezirken. So steht Sillenbuch zwar auf dem Papier gut da. Ein Blick auf die Zahlen vom Jugendamt suggeriert, dass es in dem Bezirk mehr Kindergartenplätze als Kinder gibt. Doch der schöne Versorgungsgrad von 117 Prozent bei den Drei- bis Sechsjährigen trügt.

„Trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“, sagt Evelin Bauer und lacht. Die Leiterin des evangelischen Kindergartens Sonnenschein hält aber auch nicht mit dem wahren Kern des Scherzes hinterm Berg: „Wenn es nach der Statistik geht, haben wir in Sillenbuch eine gute Versorgung. Aber weil wir hier viele private Einrichtungen haben, die ihre Plätze nach anderen Kriterien vergeben und auch Kinder aus anderen Bezirken aufnehmen, diese Plätze aber mitgezählt werden, verfälscht das die Statistik.“

40 Plätze für Kinder zwischen drei und sechs Jahren stehen am Gosheimer Weg zur Verfügung. 31 davon sind Ganztagesplätze und damit heiß begehrt. 110 Anmeldungen für das Kindergartenjahr 2015/16 sind bei Bauer bis zum Stichtag am 15. Februar eingegangen – über zwei Drittel davon für einen Ganztagesplatz. Darunter seien auch Kinder aus Schönberg und vom Frauenkopf, weil es in den Stadtteilen keine Ganztageseinrichtungen gebe. „Nur noch ein kleiner Teil möchte eine sechsstündige Betreuung“, sagt Bauer. Der Bedarf habe sich in den vergangenen Jahren stark geändert: „In Stuttgart ist es inzwischen ein wirtschaftliches Muss, dass beide Eltern arbeiten.“ Mit ihrem Team kümmert sie sich von 8 bis 16 Uhr um die Kindergartenkinder. „Aber wir müssten eigentlich zehn Stunden aufmachen, damit beide Eltern Vollzeit arbeiten können.“

Manchen reichen verlängerte Öffnungszeiten

Dass der Trend in diese Richtung geht, spürt auch Ute Zanker-Huber. Sie leitet das katholische Kinderhaus Erdbeerweg in Sillenbuch. Und auch hier sind die Ganztagesplätze „ganz schnell weg“, wie sie sagt, während der Bedarf an Plätzen mit weniger Betreuungsstunden nicht so hoch sei und Plätze noch weit über den Beginn des Kindergartenjahrs im August hinaus frei seien.

Andere Erfahrungen hat die Leiterin des evangelischen Kindergartens Hoffeld, Sibylle Siegesmund, gemacht: „Wir haben viele Frauen, die halbtags oder gar nicht arbeiten. Sie sind eher froh, dass es auch noch andere als Ganztageseinrichtungen gibt“, sagt Siegesmund, die 50 Kinder von 7.30 bis 13.30 Uhr betreut. Tatsächlich hat unter den Filder-Bezirken Degerloch mit 41 Prozent nach Möhringen die höchste Versorgungsquote in Sachen Ganztagesbetreuung.