Die Kurzzeitpflege im Kindergästehaus stand vor dem Aus. Nun ist klar, dass es weitergehen kann. Die Stadt und der Caritasverband haben sich finanziell geeinigt – das Angebot wird sogar ausgeweitet.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Die Kurzzeitpflege am Kindergästehaus ist gerettet. Auch in Zukunft können dort schwer behinderte Kinder in den Ferien und an Wochenenden über Nacht bleiben, damit die Eltern eine Auszeit bekommen.

 

Im November 2015 hatte der Caritasverband damit gedroht, das Angebot von diesem Juli einzustellen, weil man als Träger zu viel drauf zahle. Doch das Aus ist nun abgewendet. „Wir haben uns mit der Stadt geeinigt“, verkündet die Leiterin des Kindergästehauses, Beate Harfmann-Mürdter, hörbar erleichtert.

Zum 1. Mai haben die Stadt und der Caritasverband einen Vertrag geschlossen, der für drei Jahre gilt. Demnach erhöht sich nach Informationen unserer Zeitung einerseits der Pflegetagessatz, den der Verband von der Kommune bekommt. Andererseits wird das Angebot sogar ausgeweitet, um den langen Wartelisten Rechnung zu tragen. Bisher bekam die Caritas einen Tagespflegesatz von 194,81 Euro, nun sind es 241,17 Euro für 2016, 269,23 Euro (2017) und 300,65 Euro (2018). Davon übernimmt die Pflegekasse 140 Euro, der Rest entfällt auf die Stadt. „Nach wie vor wird der Caritasverband aber einen Eigenbeitrag durch Spenden und Stiftungsmittel beisteuern müssen, um das Angebot kostendeckend betreiben zu können. Aber nach Ablauf von drei Jahren werden wir erneut verhandeln“, sagt die Bereichsleiterin der Caritas-Behindertenhilfe, Beate Lachenmaier.

Die Stadt erhöht ihren Beitrag sukzessive

Auch bei der Stadt ist man „sehr froh, im Interesse der Kurzzeitbetreuung von Kindern mit Behinderung in Stuttgart nun gemeinsam eine tragfähige Lösung gefunden zu haben“, wie Susanne Lechler, die zuständige Abteilungsleiterin im Sozialamt, sagt. Mit der sukzessiven Erhöhung des Pflegesatzes über drei Jahre sei es nun möglich, das Kindergästehaus in allen Schulferien für Kurzzeitgäste zu öffnen.

Aufgrund des nicht kostendeckenden Pflegesatzes hatte das Kindergästehaus zuvor nur einen Teil der Ferien geöffnet, zum Beispiel nur die Hälfte der Sommer- und die Hälfte der Pfingstferien. Das wird sich ändern. Die Verhandlungspartner haben sich auf einen Korridor geeinigt: Mindestens 136 und bis zu 160 Tage werden Kinder und Jugendliche mit Behinderung betreut. Diese Erweiterung soll von 2017 an gelten. Man müsse erst mal das Personal aufstocken, erklärt Beate Harfmann-Mürdter, die nun sowohl nach Fach-, als auch nach Hilfskräften sucht für diese Aufgabe.

Auszeiten sind wichtig für die Familien

Da Kurzzeitpflegeplätze bundesweit rar gesät sind, haben sich viele Eltern aus der Region, aber auch darüber hinaus für den Erhalt stark gemacht. Eine Onlinepetition einer betroffenen Mutter, die in dieser Woche beendet wurde, unterstützten 3107 Personen, davon allein 2000 aus Stuttgart. Für Beate Lachenmaier ist der Einsatz der Eltern „beeindruckend und überwältigend“. Sie hätten unglaublich viel bewegt, meint auch Beate Harfmann-Mürdter.

Bei den ersten hat sich die Einigung schon herumgesprochen. „Ich bin total glücklich“, sagt zum Beispiel Ursula Hofmann, die Mutter einer mehrfach behinderten Tochter und drei gesunder Kinder. „Diese Auszeiten sind so wichtig“, sagt Ursula Hofmann über die Kurzzeitpflege. Sie seien wichtig für die Mütter, für die Paarbeziehung, für den Erhalt der Freude am Leben. „Ich glaube wieder an Gerechtigkeit“, meint zudem Stefanie Rüdt-Reif, eine weitere Mutter, die ebenfalls die Onlinepetition unterstützt hat.

In das Kindergästehaus kommen vor allem pflegeintensive Kinder, fast alle benötigen eine Eins-zu-Eins-Betreuung. Bis zu elf Kinder können zeitgleich in der Einrichtung sein. Damit ist das Haus gemeinsam mit der Nikolauspflege der größte Anbieter an Kurzzeitpflegeplätzen in Stuttgart.