Geschätzt gibt es in Stuttgart 14 000 Kinder und Jugendliche mit Übergewicht. Da fettleibige Kinder zuhause selten zu gesundem Essen angeleitet werden, möchte das Gesundheitsamt Familien im Umgang mit Lebensmitteln schulen und damit bundesweit Neuland beschreiten.

Stuttgart - Dicke Kinder tun sich mit allem schwer, insbesondere mit der Änderung ihrer Essgewohnheiten. „Vor dem Hintergrund ungünstiger Gewichtsverläufe, dem erhöhten Risiko für körperliche und seelische Folgeerkrankungen sowie hoher Gesundheitskosten sind wirksame Ansätze dringend notwendig“, appellierte Dr. Stephan Ehehalt, der Leiter der Abteilung Kinder- und Jugendgesundheit, an den Gemeinderat, und legte einen Stufenplan vor.

 

Hintergrund ist, dass 10,2 Prozent aller Kinder, die zwischen 2011 und 2015 bei der Einschulung medizinisch untersucht wurden, übergewichtig waren. 3,9 Prozent der Fünf- bis Sechsjährigen galten als adipös und 1,2 Prozent sogar als extrem adipös. Insgesamt 14 000 Kinder und Jugendliche, so schätzt Stephan Ehehalt, sind in Stuttgart adipös und übergewichtig. Bei den übergewichtigen Kindern sind die Vorsorgeuntersuchungen bei Kinderärzten häufig nicht wahrgenommen worden, und sie kamen häufiger aus Familien mit nicht-deutscher Sprache. Zu 80 Prozent setzt sich das Übergewicht im Erwachsenenalter fort.

Eine Kur allein reicht nicht

Das Gesundheitsamt hält es für angemessen, möglichst früh präventive Maßnahmen zu ergreifen, also vor allem die Eltern rechtzeitig aufzuklären. Zunächst müsse die Stadt mit Kitas, Schulen und allen anderen Akteuren ein gesundes Aufwachsen ermöglichen. Wenn Familien die Angebote nicht wahrnehmen, müssten Kinderärzte die betroffenen Familien aufklären und motivieren, ihre (Ess-)Gewohnheiten zu ändern. „Motivierte Familien sind bisher allenfalls mit einer Kur einverstanden. Das reicht aber nicht“, sagt der Kinderarzt Dr. Manfred Heitz. Stattdessen sind Patientenschulungen geplant, zu denen sich inzwischen sechs (von 50) niedergelassene Kinderärzte bereiterklärt haben. Wo auch das nicht zum Erfolg führt, soll ein Fallmanager des Gesundheitsamts Therapieangebote machen, und zuletzt könnte eine Therapie, einschließlich der Angebote auf medizinischer Ebene, hilfreich sein. „Der öffentliche Gesundheitsdienst, Ärzte und Olgäle arbeiten eng verzahnt“, versichert Dr. Axel Enninger vom Olgäle.

Man hofft auf Geld vom Bund

Gespräche mit den Kassen zur Kostenerstattung und mit Vereinen als externe Akteure werden derzeit geführt, die Universität Tübingen soll die Ergebnisse wissenschaftlich auswerten. Sozialbürgermeister Werner Wölfle setzt auf weitere Zuschüsse: „Innovationsmittel vom Bund stehen in Aussicht“, sagte er im Gesundheitsausschuss.