Die Kinderhaus Büsnau darf nicht mehr öffentlich seine Kinonachmittage ankündigen. Auch der Titel des Films darf nur auf Anfrage genannt werden. Das klingt seltsam und bürokratisch, ist aber geltendes Recht.

Büsnau - Immer mittwochs ist Kinozeit im Kinderhaus Büsnau. Die Nachfrage ist groß. Wer wollte, konnte sich auf der Internetseite schon vorab informieren, ob etwa „Das große Krabbeln“ oder ein Pippi-Langstrumpf-Klassiker läuft. Doch seit Kurzem ist das nicht mehr möglich. „Kinderkino, jeden Mittwoch um 15 Uhr“, heißt es auf der Seite lapidar. Filminformationen gibt es nur noch auf Nachfrage.

 

„Wir können das nicht mehr tun. Die rechtliche Situation gibt es nicht mehr her“, sagt Frank Otto Huber, der Leiter des Kinderhauses. Er verweist auf die Jugendhausgesellschaft, zu der in Stuttgart 41 Kinder- und Jugendhäuser gehören. Dass in diesen künftig weder für Kinofilme geworben noch der Filmtitel angegeben werden darf, bestätigt auf Nachfrage Sylke Bernet von der Jugendhausgesellschaft. Schließlich müsse man sich an die Lizenzierungsvorschriften halten. Das könne sonst „scharf bestraft“ werden. Bernet bestreitet aber, dass es „einen aktuellen Fall“ gegeben hat.

Aktive Werbung ist nicht erlaubt

Laut Jugendhausgesellschaft besitzt die Hälfte der 41 Kinder- und Jugendhäuser Lizenzen, um Kinofilme zeigen zu dürfen. Dabei handelt es sich allerdings allesamt um „nichtgewerbliche Vorführungen“ und in diesem Fall ist eine „Einschränkung der Presse- und Marketingaktivitäten“ wirksam, wie auf einem Merkblatt des Verbands der Filmverleiher (VdF) zu lesen ist. Das bedeutet: dem Filmveranstalter ist es untersagt, für seine Vorführungen auf welche Weise auch immer in der Öffentlichkeit hinzuweisen. Auskunft geben ist zwar erlaubt, aber keine aktive Werbung. „Sonst braucht man eine Kino-Lizenz“, sagt Martin Ludwig, der als Commercial Director, zu deutsch kaufmännischer Leiter, bei der Motion Picture Licensing Company (MLPC) tätig ist. Die Gesellschaft vertritt 400 Produzenten, unter anderem große Hollywood-Studios wie etwa Warner Brothers, und Paramount Pictures, aber auch kleinere Verleiher. Wer einen Film nicht nur im heimischen Wohnzimmer zeigen will, der hat über kurz oder lang mit der MLPC zu tun. Dort, oder auch bei der VDF, beantragt er eine Schirmlizenz. „Das sind meist Pauschalen“, sagt Ludwig. Für ein Jugendhaus geht es bei 298 Euro im Jahr los. Es gibt aber auch größere Institutionen, mit denen die MLPC eigene Tarife ausgehandelt hat.

Dass die Regeln eingehalten werden, darüber wachen nicht nur die Studios selbst, sondern auch die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU). Diese melden dann die Verstöße an die MLPC.

Jugendhausgesellschaft sieht kein großes Problem

Die Gesellschaft holt, wenn es etwa um Jugendeinrichtungen geht, aber nicht gleich den Hammer raus. „Wir schreiben diese erst einmal an“, sagt Ludwig. Doch wer sich weigert, der bekommt Post vom Anwalt der Gesellschaft. Ludwig weiß nur zu gut, dass die Kinobetrieber vor Ort genau darauf achten, dass die Regeln eingehalten werden. Auch Eintritt dürfen die nichtgewerblichen Lizenznehmer, sprich die Jugendhäuser, Vereine, nicht verlangen. Im Kinderhaus entrichtet zwar jeder Besucher bislang einen Obolus. Für Huber ist das aber kein Eintritt: „Wir legen bei jedem Kino drauf, damit überbrücken wir einen Teil des Abmangels. Schließlich werden wir von der öffentlichen Hand finanziert.“ Geht es nach der Jugendhausgesellschaft haben die neuen Regeln keinen großen Einfluss auf die Kinonachmittage. „Da wir in den Häusern unsere Besucher nach ihren Wünschen fragen und in die Programmgestaltung einbeziehen, gehen wir davon aus, dass Kinder und Jugendliche auch ohne spezielle Titelnennung unser Angebot nutzen“, sagt Sylke Bernet. Das sieht mancher anders. Aber auch das Kinderhaus Büsnau muss sich keine große Sorgen machen. Schließlich haben sich die Kinonachmittage längst etabliert – auch weil dort auf Klasse statt auf Masse gesetzt wird.