In der Kinderspielstadt Möhrohausen macht die Arbeit Spaß. Nicht nur die Acht- bis Elfjährigen kommen in der ersten Ferienwoche gern ins Jugendhaus. Und das nicht nur, weil es dort manchmal ein Eis umsonst gibt.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Das Thermometer soll an diesem Tag auf deutlich mehr als 30 Grad steigen. Die Sonne strahlt von einem stahlblauen Himmel: Urlaubsstimmung. Und dennoch wollen diese knapp 140 Kinder unbedingt arbeiten. Am Morgen pünktlich um 10 Uhr treffen sie sich in dem zum Marktplatz umfunktionierten Hof des Jugendhauses am Filderbahnplatz, um sich auf den Tag einzustimmen.

 

Jeder hat seinen Ausweis dabei. Dort ist auch die Hymne der diesjährigen Kinderspielstadt Möhrohausen zu finden. Und diese wird von den Betreuern, die sich auf der Bühne zu einer Band mit Gitarren, Schlagzeug und Akkordeon formiert haben, jetzt angestimmt. „Westerland“ war gestern – heute singen die Kinder zur Melodie des Ärztehits: „Möhrohausen hat begonnen, und mein Puls schießt in die Höh’. Hab’ mich schnell darauf besonnen, dass ich gleich zur Arbeit geh!“

Viele der Möhrohausener sind Wiederholungstäter

Keine Frage, die Arbeit im Jugendhaus macht Spaß. Das ist es, was der Jugendhausleiter Andreas Bernhard und sein Team mit der Kinderspielstadt erreichen wollen. Es ist bereits das 16. Möhrohausen. Termin ist immer die erste Sommerferienwoche. 40 Betreuer, davon etwa zehn Hauptamtliche, kümmern sich um die Kinder. Mitmachen können Schüler im Alter von acht bis zwölf Jahren. In diesem Jahr sind auch vier Flüchtlingskinder dabei. Bei den ehrenamtlichen Helfern habe es einen Generationenwechsel gegeben, sagt Andreas Bernhard: „Wir haben viele Jüngere dabei, die über die verschiedenen Veranstaltungen einen Bezug zum Jugendhaus haben und nun gern mit anpacken.“

Malek Madani hingegen kennt sich aus. Er war schon als Kind im Jugendhaus und ist der Einrichtung bis heute treu geblieben. In diesem Jahr hat er wieder beim Jugendamt einen Ferienjob bekommen, und sein Einsatzort ist selbstverständlich das Jugendhaus am Filderbahnplatz. „Ich kenne hier alle. Die Mitarbeiter sind so etwas wie meine Kollegen und sie behandeln auch mich so. Ich fühle mich hier einfach wohl“, sagt Madani.

Viele der Möhrohausener sind Wiederholungstäter. Zum Beispiel Sunni. Die Spielstadt sei „echt cool“, findet die Zehnjährige. „Die Kinder sind alle gut gelaunt, und die Betreuer sind nett und witzig“, sagt Sunni und ergänzt: „In Möhrohausen lernt man, wie es später ist, wenn man einen Job hat.“ Ein wenig ernster geht es im Arbeitsleben schon zu, mag manch ein Erwachsener denken. Doch weil die mit Ausnahme der Betreuer in Möhrohausen streng verboten sind, sind es solche Gedanken wohl auch. Eltern dürfen die Spielstadt nur in Begleitung ihres Nachwuchses betreten.

Wahlkampf in der Kinderspielstadt

Wer welchen Job in der Spielstadt übernimmt, entscheidet sich im Arbeitsamt. Die Kinder haben die Auswahl zwischen Radio- und Zeitungsredaktion, sie können gärtnern, schneidern, malen, in eine der vielen Werkstätten gehen und noch einiges mehr. Miriam war am Montag größtenteils in der Lötwerkstatt. Dort hat sie einen Pferdekopf, einen Delfin und eine Brille gestaltet. Letztere sei aber leider bereits zusammengekracht, berichtet die Achtjährige.

Der Dienstag ist immer ein besonderer Tag in Möhrohausen. Denn dann ist Wahlkampf. Und das bedeutet, dass es meistens einige Überraschungen und kleine Geschenke gibt. Sechs Kinder können für das Bürgermeisteramt kandidieren. Sie melden sich im Bürgerbüro und bekommen 50 Möhros für ihre Kampagne. Erfahrungsgemäß versuchen die kleinen Politiker, ihre potenziellen Wähler dadurch von sich zu überzeugen, dass sie das ein oder andere Eis spendieren. So sind die 50 Möhros Walkampfgeld meist schnell aufgebraucht. Und bei mehr als 30 Grad ist so eine Abkühlung eine willkommene Abwechslung. Egal wie viel Spaß die Arbeit macht.