Die Regisseurin Kathryn Bigelow taucht tief ein in den Rassenkonflikt im Detroit des Jahres 1967. Sie zeigt Gewalt gegen Afroamerikaner und wie die Behörden diese verschleiern.

Stuttgart - Im Sommer 1967 brannte Detroit. Der Auslöser war eine Polizei-Razzia in einer von Afroamerikanern besuchten illegalen Bar. Fünf Tage dauerten die Auseinandersetzungen zwischen Aufständischen in den schwarzen Vierteln und der Polizei, die bald von Nationalgarde und US-Armee unterstützt wurde. 43 Menschen kamen dabei ums Leben. Geschäfte wurden geplündert und Häuser in Brand gesetzt.

 

Fünfzig Jahre später reist Kathryn Bigelow zurück zu jenen Ereignissen, die nichts an Aktualität verloren haben, wenn man sich die wiederkehrenden Krawalle nach polizeilichen Übergriffen in US-Großstädten anschaut. In „The Hurt Locker“ (2008) und „Zero Dark Thirty“ (2012) hat Bigelow sich mit kriegerischen Auswirkungen der US-Außenpolitik nach 9/11 auseinandergesetzt, und mit der gleichen Intensität taucht sie in die bürgerkriegsähnliche Situation des Jahres 1967 ein. Sie zeigt die Entstehung des Aufruhrs und die Härte, um dann den Fokus auf den jungen Afroamerikaner Larry Reed (Algee Smith) zu legen.

Am Ende der Nacht sind drei unbewaffnete schwarze Teenager tot

Ein Auftritt seines Vocal-Ensembles wird abgebrochen, weil die Polizei eine Ausgangssperre verhängt hat. Larry quartiert sich in einem billigen Motel ein, um Party zu machen. Aus Jux feuert einer der Gäste eine Platzpatrone ab, und binnen kürzester Zeit stürmt die Polizei das Zimmer, wobei ein junger Afroamerikaner erschossen wird. Der übereifrige Polizist Krauss (Will Poulter) und seine Kollegen reihen die Gäste mit dem Gesicht zur Wand auf. Nacheinander werden sie verhört, geschlagen, gefoltert und mit fingierten Erschießungen unter Druck gesetzt. Dass sich unter den schwarzen Männern zwei weiße Mädchen befinden, befeuert den rassistischen Zorn der Polizisten. Am Ende der Nacht sind drei unbewaffnete schwarze Teenager tot. Polizei wie Justiz verschleiern die Vorkommnisse, während die überlebenden Opfer an den Folgen der traumatischen Erlebnisse leiden.

Waren Bigelows vorige Filme von einer gezielten politischen Ambivalenz geprägt, macht die Regisseurin in „Detroit“ unmissverständlich deutlich, dass sie auf der Seite der Opfer steht. Deren erlebten Horror zeigt sie auf der Leinwand mit großer Klarheit, aber ohne voyeuristischen Blick. Dabei wird vor allem auch die quälend lange Zeit spürbar, die die Gefangenen in Angst verbrachten. Bigelow schaut dem Rassismus direkt ins Gesicht, ohne ihn zur Maske zu verzerren. Dabei bindet sie fast nahtlos Dokumentaraufnahmen ins nur leicht fiktionalisierte Geschehen ein und erschafft einen realistischen Erzählfluss, der seine Unvorhersehbarkeit nicht aus gewieften dramaturgischen Wendungen bezieht, sondern aus der beängstigenden Unberechenbarkeit der Wirklichkeit.