Regisseur Danny Boyle, Oscar-Preisträger dank „Slumdog Millionaire“, kehrt zu seinen Anfängen zurück. Mit dem Kinoneustart „T2 Trainspotting“ setzt er nach zwanzig Jahren seinen Kultfilm über Junkies in Edinburgh fort. Kann das gut gehen?

Stuttgart - Wie Nosferatu krümmt sich Spuds Schatten, während er in seiner leeren Wohnung kalt entzieht, doch bald trennen sich die Gestalten: Die Drogensucht hängt noch als Geist an der Wand, während Spud unverhofft zurückgekehrt ist ins Leben – in einer formal makellosen Fortsetzung des schottischen Kultfilms „Trainspotting“, die der Meisterregisseur Danny Boyle selbst gedreht hat, inzwischen mit einem Oscar im Rücken („Slumdog Millionaire“, 2009).

 

Nach 20 Jahren kehrt Mark Renton (Ewan McGregor) in „T2 Trainspotting“ aus Amsterdam zurück nach Edinburgh zu seinen früheren Freunden, die er damals um ihren Anteil an 16 000 Pfund Drogengeld geprellt hat – bis auf Spud (Ewen Bremner) , den einzigen Menschenfreund in der Vierer-Clique. Rentons bester Freund Sick Boy (Jonny Lee Miller), ein erfolgloser Kleingauner, benutzt nun seinen bürgerlichen Namen Simon und verzeiht ihm nach anfänglicher Aufwallung. Der cholerische Gewalttäter „Franco“ Begbie aber (Robert Carlyle), frisch aus dem Knast entlassen und immer noch ein Freund scharfer Messer, kennt keine Gnade.

Boyle trifft genau den richtigen Ton, um dem Alter seiner Darsteller gerecht zu werden, deren Reifung die Charaktere ihrer Filmfiguren auf erstaunliche Weise schärft. Es geht mitunter noch wild zur Sache, aber längst nicht mehr so gänzlich überdreht wie bei den jungen Junkies, die sie einst waren. Eine bulgarische Hure hält die Männer auf Trab, und die Newcomerin Anjela Nedyalkova behauptet sich gut in dieser Rolle.

Tourist in der eigenen Jugend

Rückblenden verweben den Film mit dem Original, viel Energie liefert nach wie vor die Musik (Iggy Pops „Lust for Life“ wurde eigens remixt), Motive erscheinen in anderem Zusammenhang. Rentons Tauchgang nach Drogen in der „dreckigsten Toilette Schottlands“ ist legendär, nun inszeniert Boyle ein folgenschweres Wiedererkennen an der Stimme in benachbarten Kabinen. Am Bahnhof im Nichts gedenken sie des Drogentoten Tommy, dem Renton einst widerwillig sein erstes Heroin verkaufte. „Du bist ein Tourist in deiner eigenen Jugend“, wirft Simon Renton vor, doch der ahnt, wieso Simon nichts fühlt. In ihm wirkt das tote Baby nach, für das er nicht sorgen konnte mit seiner ebenfalls heroinabhängigen Freundin.

Eines indes ist anders: Das Elend der ewigen Verlierer hat seine spielerische Anmutung verloren. Wo Mittzwanzigern noch die Welt offensteht, wirken Mittvierziger schlicht gescheitert. Wenn der gut aufgelegte McGregor den legendären „Choose Life“-Monolog wiederholt, klingt der so hohl und leer, dass die geschwundene Zeit Renton den Tränen nahebringt. Den Mangel an Inhalt kompensiert Boyles meisterhafte Montage, die ein sinnliches Kinoerlebnis garantiert – und eine grandiose Pointe, die hier natürlich nicht verraten werden darf.

Sehen Sie hier den Trailer zu „T2 Trainspotting“:

T2 Trainspotting. Großbritannien 2017. Regie: Danny Boyle. Mit Ewan McGregor, Ewen Bremner, Jonny Lee Miller, Robert Carlyle. 117 Minuten.