Erstmals äußert sich der frühere Chef der Deutschen Bank im Kirch-Prozess. Rolf Breuer redet nur, befragen lässt er sich nicht. Und dann spricht ein früherer Kirch-Manager über seinen Geldsegen.

München - Im Münchner Betrugsprozess gegen Rolf Breuer und vier weitere Spitzenmanager der Deutschen Bank hat deren ehemaliger Chef überraschend erstmals sein Schweigen gebrochen. Der 74-Jährige, der mit seinen Mitangeklagten wegen versuchtem Prozessbetrug vor dem Kadi steht, ging dabei zu den Wurzeln des Rechtsstreits zurück. Das war Breuers Interview vom Februar 2002, wo er die Kreditfähigkeit der Kirch-Gruppe bezweifelt hatte; kurz danach war das Medienhaus zusammengebrochen.

 

„Ich hatte bei meinen Antworten keine Hintergedanken und wollte weder Signale aussenden noch Schaden anrichten", beteuerte Breuer jetzt im Landgericht München. Er habe im Interview nur die Wahrheit gesagt. In einem Vorgängerprozess vor dem Oberlandgericht (OLG) München hatte der dortige Richter Guido Kotschy diesen Beteuerungen keinen Glauben geschenkt und die Deutsche Bank zu Schadenersatz an die Erben des verstorbenen Pleitiers Leo Kirch verurteilt. Mit ihnen hatte sich das Kreditinstitut dann per Vergleich auf eine Zahlung von 925 Millionen Euro geeinigt.

Auch die Wahrheit kann ein Lapsus sein

Für Breuer, den scheidenden Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, dessen Vorgänger Josef Ackermann und zwei weiteren Spitzenbanker hat der OLG-Prozess nun ein strafrechtliches Nachspiel, weil sie am OLG bei Aussagen die Unwahrheit gesagt haben sollen. Vor dem Landgericht München unter Vorsitz von Richter Peter Noll wird dazu der gesamte Streitfall Kirch in Teilen nochmals aufgerollt.

Sollte Noll dabei im Gegensatz zu Kotschy zum Urteil kommen, dass sich die Deutsche Bank nicht schadenersatzpflichtig gemacht hat, wäre damit auch der Vorwurf des versuchten Prozessbetrugs vom Tisch. Noll äußerte allerdings Zweifel darüber, ob Breuer sich beim Interview 2002 korrekt verhalten hat. „Die Wahrheit an der falschen Stelle gesagt, kann auch ein Lapsus sein", betonte Noll. Es habe ein spezielles Gewicht, wenn ein Chef der Deutschen Bank die Kreditfähigkeit eines eigenen Kreditkunden bezweifle. Das Geldinstitut hatte der Kirch-Gruppe eine dreistellige Millionensumme geliehen.

Geldsagen für Ex-Kirch-Manager

Ein anderer zentraler Streitpunkt ist die Frage, ob die Deutsche Bank Kirch mit Breuers Interview unter Druck setzen wollte, um ein lukratives Beratungsmandat zu erzwingen. Zu dieser und anderen offenen Fragen will sich Breuer aber zumindest vorerst weiterhin nicht äußern und auch nicht auf Fragen Nolls dazu antworten. Auskunftsfreudiger war der als Zeuge geladene ehemalige Kirch-Manager Dieter Hahn. Seiner Darstellung nach war die Kirch-Gruppe vor dem Breuer-Interview 2002 zwar schwer angeschlagen, aber in keiner aussichtslosen Lage. Es habe Pläne für einen Börsengang gegeben, der das nötige Geld zum Überleben gebracht hätte. Dann habe Breuers Interview alle Chancen zunichte gemacht. Der dann folgende Schadenersatzstreit zwischen dem verstorbenen Medienunternehmer Kirch und der Deutschen Bank hat sich auch für Hahn ausgezahlt. Der ehemalige Kirch-Geschäftsführer erhielt von den Erben des Medienunternehmers 200 Millionen Euro vor Steuern. Diese Zahl nannte Hahn vor dem Landgericht München. Hahn musste die Summe, die bislang ein gut gehütetes Geheimnis war, nach einem Beschluss des Gerichts gegen seinen Willen öffentlich nennen.