Die evangelisch-methodistische Gemeinde will mehr Präsenz im Stadtteil zeigen. Ab sofort hat das Kleidercafé an der Brommerstraße 11 in Stuttgart-Vaihingen mittwochs und freitags für jedermann geöffnet.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Das Projekt hat genauso abrupt geendet, wie es im vergangenen Sommer angefangen hatte. Damals stellte die Universität Stuttgart ihre Sporthalle Keltenschanze auf dem Campus in Vaihingen dem Regierungspräsidium (RP) als Notunterkunft für Flüchtlinge zur Verfügung. Binnen kurzer Zeit gründete die evangelisch-methodistische Gemeinde einen Freundeskreis. Die Ehrenamtlichen richteten in ihren Räumen an der Brommerstraße ein Kleidercafé ein, organisierten Deutschkurse und luden zu Kochabenden. Mitte Dezember schloss das RP die Unterkunft. Von jetzt auf nachher.

 

Freundschaften sind entstanden

„Wir hatten gar keine Gelegenheit, uns von den Menschen dort zu verabschieden“, sagt Birgitta Hetzner. Sie ist die Pfarrerin der Gemeinde und ergänzt: „Das war tragisch. Denn für uns waren es nicht einfach irgendwelche Flüchtlinge, sondern Menschen mit einem Namen und einem Gesicht.“ Ein Großteil der Flüchtlinge kam in die Landeserstaufnahmestelle in Wertheim. Zwei Familien konnten mittlerweile nach Stuttgart zurückkehren. „Sie wollten zurück. Sie sagten, dass sie hier Freunde gefunden haben. Damit waren wir gemeint“, sagt Hetzner.

Die etwa 80 Ehrenamtlichen, die längst nicht nur aus der Gemeinde kommen, haben viel Zeit in den Freundeskreis investiert. Auch Hetzner, die kaum noch zu ihrem eigentlichen Geschäft als Pfarrerin kam. „Das konnte nur gut gehen, weil die Gemeinde das Projekt mitgetragen hat“, sagt die Seelsorgerin. Als die Flüchtlinge plötzlich gingen, war plötzlich eine große Leere da. Für die Kleiderkammer, die Deutschkurse und die vielen anderen Angebote, die man auf die Beine gestellt hatte, gab es keinen Bedarf mehr.

„Wir wollten aber nicht, dass das schon das Ende ist“, sagt Hetzner. Schon seit etwa zwei Jahren spiele die Gemeinde mit dem Gedanken, sich mehr zu öffnen. „Wir haben damals überlegt, was in Vaihingen fehlen würde, wenn es uns nicht gebe“, sagt die Pfarrerein. Das Ergebnis sei ernüchternd gewesen, nämlich: „Eigentlich nichts oder zumindest nicht viel.“ Das soll sich ändern. Die Gelegenheit ist günstig. „Die Voraussetzungen sind da. Und es wäre schade, diese nicht weiter zu nutzen“, sagt Hetzner.

Geplant ist ein Stadtteilzentrum

Die Ehrenamtlichen denken an eine Art Stadtteilzentrum, einen offenen Treffpunkt für Menschen unterschiedlicher Generationen, Kulturen und Religionen. „So etwas gibt es in Vaihingen noch nicht. Wenn die Menschen irgendwo zusammenkommen wollen, müssen sie immer gleich Geld in die Hand nehmen“, sagt die Pfarrerin. Auch die Kleiderkammer hat wieder geöffnet, nicht nur für Flüchtlinge, sondern für jeden, der bedürftig ist. „Wir glauben, dass es auch in Vaihingen Armut gibt. Aber eben sehr versteckt“, sagt die Pfarrerin. Sie und ihre Mitstreiter wollen nicht kontrollieren, ob jemand wirklich Bedarf hat oder nicht, sondern vertrauen.

Was sich aus dem Kleidercafé entwickelt, da wollen sich die Ehrenamtlichen überraschen lassen. Hetzner kann sich internationale Kochkurse und eine interkulturelle Handarbeitsgruppe vorstellen. Um das alles zu stemmen, sind weitere Ehrenamtliche willkommen. „Wir haben zwar einen Verteiler mit 80 Namen, aber der harte Kern sind nur etwa 20 Freiwillige“, sagt die Pfarrerin. Sie überlegt auch, Flüchtlinge fürs Ehrenamt zu gewinnen. Eine solche Initiative gibt es in Plieningen.

Das Kleidercafé
im evangelisch-methodistischen Gemeindezentrum an der Brommerstraße 11 hat vorerst mittwochs und freitags von 15 bis 17 Uhr geöffnet. Bedarf an weiteren Kleiderspenden haben die Ehrenamtlichen derzeit nicht.