Die Hymnus-Chorknaben sind gerade von ihrer Tournee zurück und präsentieren nun beim Kirchentag eine eigens komponierte Deutsche Messe. Es ist ein Stück über den Prozess des Erwachsenwerdens.

S-Nord - Spätestens wenn an diesem Mittwoch um 18.15 Uhr einer der Eröffnungsgottesdienste des Evangelischen Kirchentags auf dem Rotebühlplatz beginnt, dürfte auch bei den Stuttgarter Hymnus-Chorknaben der Puls in die Höhe schnellen. Der Knabenchor, der in den vergangenen Tagen auf einer Deutschlandtour für den Kirchentag warb, hat dann seinen ersten von fünf Auftritten bei der Großveranstaltung. Höhepunkt: Die Uraufführung des eigens von Moritz Eggert für das Festival komponierten Werks „Vom Himmel und der ganzen Welt“ am Freitag in der Christuskirche.

 

Wieder in der Heimat und bereit für den großen Auftritt

Sechs Tage lang sind sie als Kirchentags-Botschafter auf Tournee gewesen, traten im Magdeburger und Berliner Dom auf, sangen im Hamburger Michel und in der Markuskirche Hannover. Am Dienstag kehrten die Hymnus-Chorknaben zurück in ihre Heimat, pünktlich vor Beginn des großen Fests, pünktlich vor den Auftritten, die sie in dieser Form und vor einem solchen Publikum noch nicht erlebt haben. „Die Vorfreude ist groß. Das wird für uns etwas sehr Besonderes“, sagt der Chorleiter und Kirchenmusikdirektor Rainer Johannes Homburg.

Die Kirchentagswoche hält für den Knabenchor aus der Birkenwaldstraße gleich zwei hochkarätige Konzerte bereit. Am Donnerstagabend treten sie gemeinsam mit der Gächinger Kantorei und dem Bachchor im Beethovensaal der Liederhalle auf, beim Konzert „Zeit und Ewigkeit“ singen sie unter anderem die El-Roi-Impressionen von Günter Berger. Am Freitagnachmittag folgt dann die Uraufführung des Stücks, auf das sie sich seit Monaten vorbereitet haben. Eine Einstudierzeit von einem halben Jahr – für die Hymnus-Chorknaben ist das ein Aufwand, der in keinem Verhältnis zu den sonstigen Proben für die jährlich etwa 45 Konzert- und Gottesdienstauftritte steht.

Der passende Komponist für eine neue Herausforderung

Auf der Suche nach einem Komponisten, der ein dem Anlass angemessenes Werk schaffen kann, ist Rainer Johannes Homburg bei Moritz Eggert gelandet. Der 49-jährige gebürtige Heidelberger machte in den vergangenen Jahren zum Beispiel durch das Fußballoratorium „Die Tiefe des Raumes“ zur Weltmeisterschaft 2006 und der Zusammenarbeit mit Christoph Schlingensief für die Oper „Freax“ auf sich aufmerksam. Eggert gilt als wild, ideenreich und unkonventionell, „als Enfant terrible der Szene“, wie Homburg sagt. „Er strahlt eine ungemeine Vitalität aus.“

Homburgs Aufgabenstellung an den Komponisten: eine neue Deutsche Messe im lutherischen Sinne zu schreiben, die sich auf die Losung des Kirchentags „Damit wir klug werden“ bezieht. „Ich habe ihn gebeten, weil ich für diese ganz klassische Gattung einen zeitgenössischen Ansatz wollte“, sagt der Chorleiter. „Es war eine Herausforderung“, hat Eggert verraten.

Ein intelligentes Stück übers Erwachsenwerden

Der Auftraggeber indes ist sehr zufrieden. „Es ist ein sehr intelligentes Stück mit einer hohen musikalischen Qualität geworden“, sagt Homburg über das gut 20-minütige Werk, dessen Uraufführung Eggert selbst moderiert. Klüger oder klug zu werden thematisiert der Komponist als einen Prozess des Erwachsenwerdens: Am Anfang herrscht das Chaos. Der Knabenchor zeigt sich im Prolog als „ungezügelte Masse“, am Ende steht eine „Hymne an die Sanftheit“. Etappen auf dem Weg bilden unter anderem Auszüge aus dem Volkslied „Maria durch ein Dornwald ging“, der Johannes-Offenbarung und dem Albert-Schweitzer-Text „Mein Wort an die Menschen“.

Der experimentierfreudige Eggert bedient sich dabei Komponenten der Pop- und der Neuen Musik, die der regelmäßige Kirchgänger in einem Gottesdienst selten zu Gehör bekommt, schon gar nicht in einer Deutschen Messe. Das, so findet der Chorleiter, solle aber bitte niemanden abschrecken. „Das Stück geht ins Ohr“, verspricht Homburg, der sich auf einen „künstlerisch hoch spannenden Abend“ freut – und prognostiziert: „Die Zuhörer werden mit einem Pfeifen den Heimweg antreten.“

Info: Die Kirchentagswoche der Hymnus-Chorknaben

Mittwoch:
Der Eröffnungsgottesdienst mit den Hymnus-Chorknaben auf dem Rotebühlplatz beginnt um 18.15 Uhr. Neben ihnen sind die JuGo Band und die Posaunenchöre des Kirchentags dabei. Der Eintritt ist frei.

Donnerstag:
Von 11.30 Uhr bis 13 Uhr begleitet der Knabenchor an diesem Tag das offene Mitsingkonzert „Mendelssohn zum Mitsingen“ in der Christuskirche, Gänsheidestraße 29a. Noten gibt es in der Kirche. Von 20 bis 22 Uhr läuft abends das Konzert „Zeit und Ewigkeit“ in der Liederhalle, bei dem der Hymnus-Chor neben anderen auf der Bühne stehen wird.

Freitag:
Die Uraufführung von „Vom Himmel und der ganzen Welt“ in der Christuskirche beginnt nachmittags um 16.30 Uhr. Gäste benötigen einen Kirchentagsausweis, eine Tages- oder eine Abendkarte. Am gleichen Ort findet um 19 Uhr ein Feierabendmahl statt. Der Eintritt hierfür ist frei. ben