Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag im Juni bringen sich auch Muslime ein. So wird die Ahmadiyya-Gemeinde zum Quartiersmeister einer Schule, die während der Großveranstaltung als Sammelunterkunft genutzt wird.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag im Juni bringen sich auch Muslime ein. So wird die Ahmadiyya-Gemeinde zum Quartiersmeister einer Schule, die während der Großveranstaltung als Sammelunterkunft genutzt wird. Die Gemeinde wird die Ankömmlinge auf die Klassenzimmer verteilen und das Frühstück organisieren. „Wir wollten ein interreligiöses Zeichen setzen“, sagt Mustafa Ljaic, der bei Ahmadiyya für den interreligiösen Dialog zuständig ist. Die ehemalige Sozialbürgermeisterin Gabriele Müller-Trimbusch habe vermittelt. Am Freitagabend sind die Vertreter von Ahmadiyya als Quartiersmeister geschult worden.

 

200 bis 300 Quartiersmeister werden benötigt

Eigentlich werden die Schulsammelunterkünfte von den hiesigen Kirchengemeinden betreut. Doch gerade in der Innenstadt ballen sich die Schulstandorte. „Wir haben Kirchengemeinden, die wären für zwölf Schulen zuständig“, erklärt Oliver Schöpe, der für die Sammelunterkünfte beim Deutschen Evangelischen Kirchentag verantwortlich ist. In diesen Fällen seien die eigenen Gemeinden froh, wenn sie Unterstützung von externer Seite bekämen. Bisher sei das bei zehn Schulen der Fall, wobei laut Kirchentagsbüro nur die Quartiersmeister der Ahmadiyya-Gemeinde nichtchristlichen Glaubens seien. Einige der externen Quartiersmeister würden von weit her für dieses Ehrenamt anreisen, berichtet Schöpe: unter anderem aus Hamm, Dresden und Mönchengladbach. In der Regel handele es sich um aktive Mitglieder einer Kirchengemeinde.

Insgesamt werden für den Deutschen Evangelischen Kirchentag 200 bis 300 Quartiersmeister benötigt, da man mit einer bis zwei Personen pro Schule rechnet. Noch seien nicht alle der 170 Schulen abgedeckt, sagt Schöpe. Es seien Unterstützer willkommen, die sich engagieren möchten.

Muslimische Gemeinde hat zeitgleich weitere Veranstaltung

Im Fall der Ahmadiyya-Gemeinde hatte diese ursprünglich eine andere Art des Engagements vorgehabt: Sie hatte drei Moscheen als Unterkünfte für die Kirchentagsbesucher angeboten. Doch die Moscheen eignen sich nicht, unter anderem, weil es keine Duschen gibt. Bei Sammelunterkünften müssten sehr viele Auflagen erfüllt werden, erklärt der Sprecher des Evangelischen Kirchentags, Alexander Matzkeit. Nur Schulen kämen in Betracht, weil sie zum Beispiel die Brandschutzauflagen erfüllen. Berichte, dass in Hamburg schon einmal eine Moschee als Kirchentagsunterkunft genutzt worden sei, seien falsch, sagt Matzkeit, der betont: Man habe sich über das Angebot der Gemeinde sehr gefreut und mit der Betreuung einer Schule dann auch einen anderen Weg gefunden, um Ahmadiyya einzubinden.

„Der Kirchentag versucht, uns in die bestehenden Strukturen einzubeziehen, darüber sind wir froh“, sagt auch Mustafa Ljaic von der muslimischen Gemeinde. Die Betreuung der Schule sei dabei durchaus eine Herausforderung für sie – aus einem besonderen Grund. Vom 5. bis 7. Juni, also überschneidend mit dem Kirchentag, findet in Karlsruhe die eigene jährliche Großveranstaltung Jalsa Salana von Ahmadiyya Deutschland statt. Zu dieser kämen nicht nur Gläubige aus ganz Deutschland, auch das spirituelle Oberhaupt aus London reise an. Entsprechend seien sie eigentlich mit der eigenen Veranstaltung sehr beschäftigt. Aber sich beim Kirchentag einzubringen, sei ihnen wichtig, sagt Ljaic. Sie machten auch Werbung innerhalb der Gemeinde für die Gräbeles-Aktion des Kirchentags.

Über die Privatquartiersaktion „Gräbele g’sucht“ will der Evangelische Kirchentag 10 000 Betten zusammenbekommen. Bisher sind nach Auskunft von Alexander Matzkeit knapp 4050 Schlafplätze angeboten worden. Die Privatquartiere würden für die Besucher benötigt, für die keine Sammelunterkunft in Frage kommen: Familien oder ältere Personen, die nicht mehr auf einer Isomatte schlafen können, oder auch Menschen mit Behinderung.

Der interreligiöse Dialog werde auch im Programm des Evangelischen Kirchentags eine Rolle spielen, kündigt Matzkeit an. Auch bei früheren Kirchentagen seien zum Beispiel muslimische oder jüdische Gottesdienste einbezogen worden. Näheres dazu werde in naher Zukunft bekannt gegeben.