Wegen Körperverletzung muss sich ein 48-Jähriger vor dem Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, der Rädelsführer einer Prügelei am Rande eines Jugendfußballturniers in Holzmaden gewesen zu sein.

Kirchheim - Auf Fußballplätzen kochen schon mal die Emotionen hoch. Da wird gegen den Schiedsrichter gepöbelt, die Spieler oder die Fans des Gegners werden beschimpft und manchmal kommt es auch zu Rangeleien. Doch was sich an Aggressionen am Nachmittag des 30. Juni des vergangenen Jahres auf dem Sportgelände in Holzmaden während eines Jugendfußballturniers entladen hat, geht darüber weit hinaus. Beim sogenannten Saurier-Cup entbrannte zwischen zwei Parteien eine wüste Prügelei, die seit Donnerstag Gegenstand einer Verhandlung vor dem Kirchheimer Amtsgericht ist.

 

Auf der Anklagebank sitzt ein heute 48-Jähriger, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, die treibende Kraft in der Auseinandersetzung gewesen zu sein. Der Mann, der wegen vorsätzlicher Körperverletzung angeklagt ist, hat bei der Schlägerei selbst gehörig etwas abbekommen. Ein Zahn wurde ihm ausgeschlagen, er erlitt einen Nasenbeinbruch und diverse Prellungen. Entsprechend der schweren Verletzungen bezeichnet er sich selbst als „Geschädigten“. Er und sein in Frankreich lebender Neffe, der seinerzeit zu Besuch war, seien provoziert worden und hätten sich nur verteidigt.

Schiedsrichterentscheidung löst Eskalation aus

Diverse Zeugen stellen das Geschehen anders dar. Die Aggression sei eindeutig von dem Angeklagten ausgegangen, er habe als Erster zugeschlagen. Und zwar nicht nur mit den Fäusten sondern auch mit einer Flasche. Einig sind sich die Beteiligten nur, dass es eine Schiedsrichterentscheidung war, welche die Eskalation auslöste. Beim F-Jugend-Turnierspiel des FC Eislingen gegen den SC Geislingen habe der Unparteiische beim Stand von 1:0 für den FCE ein Foul gegen Eislingen gepfiffen. Mit dieser Entscheidung war der Angeklagte offenbar nicht einverstanden, was er lauthals kundtat. Der Geislinger Co-Trainer widersprach naturgemäß und forderte ihn auf, sich herauszuhalten. Daran entzündete sich zunächst eine verbale Auseinandersetzung, die in eine Massenschlägerei mit rund 15 Beteiligten mündete. Der Angeklagte und sein Neffe sollen auf einen Mann und dessen Bruder, die eigenem Bekunden nach lediglich schlichten wollten, eingeschlagen haben. Unter anderem mit einer Flasche, aber statt des Kopfes wollen sie den Rücken des Opfers getroffen haben. Neben dem 48-Jährigen soll sich dessen Neffe besonders aggressiv verhalten haben. Der habe sogar eine Flasche zerschlagen, um den abgebrochenen Hals als Stichwaffe einsetzen zu können. Mehrfach habe er gar gerufen: „Bring mir ein Messer.“ Nur dem beherzten Eingreifen anderer Zuschauer sei es zu verdanken, dass nichts Schlimmeres passiert sei, erklären einige Zeugen.

Einer der Brüder erklärt, er habe für seine „Zivilcourage“ bitter bezahlt. Sein Sohn sei seinerzeit vom FC Eislingen unter dem Motto „mitgehangen – mitgefangen“ suspendiert worden, auch gegen ihn – ebenso wie gegen seinen Bruder und einen weiteren Mann – sei ermittelt worden. Das Verfahren gegen sie wurde aber eingestellt.

Verstörte Kinder

Er habe die Protagonisten beider Lager von Fußballturnieren her gekannt, berichtet der 35-jährige Zeuge. Sowohl den 48-jährigen Türken auf der Anklagebank als auch den aus Italien stammenden Geislinger Co-Trainer. Offenbar ist es dann nicht mehr ausschließlich um die unterschiedliche Bewertung einer Schiedsrichterentscheidung gegangen, sondern auch um die Glaubenszugehörigkeit. Denn als er sich zwischen die beiden gestellt habe, habe ihn der Angeklagte, der wie er muslimischen Glaubens sei, angebrüllt: „Bist Du jetzt auf der Seite der Ungläubigen?“.

Danach bildete sich offenbar ein Knäuel aus schlagenden und tretenden Menschen, die sich mit dem Ausleben ihrer Gewalttätigkeit nicht einmal vor den Sieben- und Achtjährigen zurückhalten konnten. Ein Betreuer der Eislinger Nachwuchskicker brachte die „relativ verstörten Kinder“ schnellstmöglich in die Umkleidekabine, „damit die sich das nicht mit ansehen müssen“. Bis dahin war das Turnier reibungslos gelaufen, berichtet ein Organisator des gastgebenden TSV Holzmaden: „Das Ende war abzusehen, es waren viele Zuschauer da und es hat Spaß gemacht.“ Doch dann habe er über Lautsprecher die Schläger aufgefordert, aufzuhören und den Turnierabbruch bekannt geben müssen.

Verhandlung wird fortgesetzt

Ein Zeuge, der den Angeklagten ebenfalls als Rädelsführer bezeichnet, verneint die Frage der Vorsitzenden Richterin Franziska Hermle-Buchele, ob er wegen einer Falschaussage vorbestraft ist. Doch auf eine nochmalige Nachfrage des Angeklagten, der sich offenbar erkundigt hat, räumt er ein, schon einmal eine Geldstrafe von rund 2000 Euro wegen einer Falschaussage vor Gericht bezahlt zu haben. Pikanterweise ging es dabei um eine Schlägerei auf einem anderen Sportplatz im Kreis Göppingen. Die Verhandlung wird fortgesetzt.