Vor dem Landgericht Stuttgart muss sich ein 53 Jahre alter Mann wegen Totschlags verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, im Kirchheimer Übergangswohnheim seinen Zimmerkollegen erstochen zu haben.

Kirchheim - Ein 53 Jahre alter Mann muss sich zurzeit wegen Totschlags vor der ersten  Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stuttgart verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, am Nachmittag des 31. Oktobers im Kirchheimer Übergangswohnheim seinen Mitbewohner mit einem Messer in den Hals gestochen und dabei so schwer verletzt zu haben, dass dieser wenig später im Krankenhaus starb.

 

Der aus Kasachstan stammende Angeklagte gibt an, er könne sich an jenen Donnerstag nur noch schwach erinnern. Das mag daran liegen, dass der Angeklagte an diesem Tag sehr betrunken gewesen ist. Den getöteten Landsmann, mit dem er in dem Wohnheim in einem Zimmer gewohnt hatte, bezeichnet er als seinen besten Freund. Dass er diesem während eines Disputs über das unaufgeräumte Zimmer ein Messer an den Hals gehalten habe, räumt der 53-Jährige ein, aber zugestochen habe er nicht. Vielmehr habe sich der Kumpel unvermittelt und ruckartig zur Seite gedreht, wodurch das Messer in seinen Hals eingedrungen sei.

Die scharfe Klinge durchtrennt den linken Halsmuskel

Unabhängig davon, ob sich die Tat so zugetragen oder ob der Mann absichtlich zugestochen hat, waren die Verletzungen tödlich. Denn die 22 Zentimeter lange, scharfe Klinge hat laut der Staatsanwaltschaft den linken Halsmuskel durchtrennt und dann die Luftröhre verletzt. Das passt zu dem Bild, das sich einem 34 Jahre alten Zeugen bot, der als Erster in das Zimmer der beiden Kontrahenten trat. Er habe den Angeklagten besuchen wollen und zunächst gesehen, dass dieser geschlafen habe, erzählte er vor Gericht. Dann habe er das blutüberströmte Opfer halb auf dem Bett liegend entdeckt.

Die Szene sei in seinem Gedächtnis gespeichert „wie ein Foto“. Der Hals des Mannes sei „durchgeschnitten“ gewesen, es habe ein „großes Loch“ geklafft. Nur wenige Sekunden habe er in dem Zimmer verharrt, dann sei er nach draußen gelaufen und habe anderen Bewohnern zugerufen, sie sollten einen Rettungswagen alarmieren. Dann habe er – unter Schock stehend – den Tatort verlassen und sei erst nach etwa 20 Minuten wieder zurückgekehrt. Er habe nie beobachtet, dass sich die beiden Zimmergenossen zuvor gestritten hätten. Aber ihm sei von anderen Männern im Wohnheim berichtet worden, dass schon einmal bei einem Streit ein Messer im Spiel gewesen sei und der Angeklagte sogar erwähnt habe, „ich töte ihn sowieso“.

Der Angeklagte scheint oft und stark betrunken zu sein

Gewalt- und Alkoholexzesse scheinen in dem Milieu nicht ungewöhnlich zu sein. Der Angeklagte berichtet, er selbst sei 2008 durch den Messerstich eines Mitbewohners lebensgefährlich verletzt worden. Und der Zeuge leidet eigenen Angaben zufolge an Gedächtnislücken – verursacht durch eine Prügelei im Jahr 2005, bei der ihm der Schädel eingeschlagen worden sei. Mit einer schweren Operation sei er wieder hergestellt worden.

Der Zeuge berichtet auch, der Mann auf der Anklagebank trinke „viel, ständig viel“ – er habe ihn nur „ein- oder zweimal nüchtern gesehen“. Doch wenn er betrunken sei, sei er nicht aggressiv, sondern eher lustig. „Ich glaube auch gar nicht, dass er das war.“ Die Verhandlung wird fortgesetzt.