Die alte Güterhalle am Bahnhof ist jetzt eine Bühne. Am 19. September hat „Delirium furiosum“ der Theaterspinnerei Premiere.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Kirchheim - Die Theaterspinnerei bereichert das kulturelle Angebot im Kreis, und es ist sehr erfreulich, dass auch das Land konsequent seinen Teil dazu beiträgt, das hohe Niveau des kulturellen Angebots vor Ort halten zu können.“ Solche Sätze vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) sind für Theatermenschen natürlich so etwas wie ein Ritterschlag. Über den freuen sich Jens Nüßle und Stephan Hänlein, die beiden Chefs der Theaterspinnerei, natürlich sehr. Noch besser können sie aber jene 50 000 Euro gebrauchen, die das Land aus dem Innovationsfonds Kunst für die Produktion des Stücks „Delirium furiosum“ zur Verfügung stellt, das am 19. September in der alten Güterhalle am Kirchheimer Bahnhof Premiere feiert.

 

Denn die Produktionskosten für die multimediale Theaterproduktion sind gewaltig. Vor allem in Eigenarbeit haben die Theaterleute deshalb in den vergangenen vier Monaten meist tags, aber zuletzt auch häufig in der Nacht einen zuletzt als Lagerschuppen genutzten 1000-Quadratmeter-Raum in einen hochmodernen und mit allen nur denkbaren technischen Finessen ausgestatteten Theatersaal verwandelt.

2500 Magnete, 36 Meter Leinwand

Ein paar Zahlen: neun hochmoderne aus England importierte Projektoren werden benötigt, um gestochen scharfe Bilder auf die 36 Meter lange Leinwand zu werfen. Auf den zwei Gleisen, die durch die Halle führen, werden zwei extra angefertigte jeweils sechs Tonnen schwere Theaterwagons rollen. Einer davon ist als Drehbühne konzipiert. Allein 2500 Magnete waren notwendig, um die Verdunklung des Saals zu befestigen. 250 Menschen finden pro Vorstellung Platz. Sollte es im Herbst kalt werden, wird der Saal beheizt.

Das Publikum erwartet in den zunächst geplanten 20 Aufführungen aber weit mehr als eines jener optischen Spektakel, die man von der eigentlich in Frickenhausen beheimateten Theaterspinnerei kennt. Das Stück „Delirium furiosum“, von Hänlein und Nüßle aus Anlass des 150-Jahr-Jubläums der Eisenbahn in Kirchheim geschrieben, will auch eine künstlerische und philosophische Auseinandersetzung mit dem Thema Zeit und Geschwindigkeit sein.

Eine Krankheit der Geschwindigkeit

Der Name „Delirium furiosum“ steht dabei für eine Krankheit, die, so glaubten einst die Bahnskeptiker, durch schnelle Bewegung verursacht werde und diejenigen ereilen sollte, die sich in einen Zug setzten. „Natürlich ist bisher niemand vom Zugfahren verrückt geworden“, sagt Jens Nüßle: „Aber natürlich hat die technische Entwicklung zur Beschleunigung der Welt beigetragen und eine Entwicklung ins Rollen gebracht, die nicht nicht mehr aufzuhalten oder gar umzukehren ist.“

Nachdem nun die Technik steht, beginnen die Theaterproben. Auch hier betritt die Theaterspinnerei Neuland. Hat man bisher vor allem im bewährten Team mit den Schauspielern Nüßle und Marilena Pinetti gespielt und sich nur ab und zu ein paar wenige Gäste geholt, so werden bei „Delirium furiosum“ sieben Schauspieler und ein Musiker auf der Bühne stehen.

Natürlich hofft Jens Nüßle, dass sich das Projekt weit über die Kirchheimer Stadtgrenzen hinaus herumspricht. Eine Verlängerung des Gastspiels ist nicht nur möglich, sondern angesichts des enormen Aufwands, den die Theaterleute betrieben haben, auch sehr erwünscht. Jens Nüßle: „Es wäre wirklich schade, wenn schon am 2. November Schluss wäre.“