Auch in der Einrichtung Linzer/Böhmerwaldstraße fehlt Personal. Eltern sind verärgert und springen ein.

Stuttgart-Feuerbach - In der Landeshauptstadt fehlen weiterhin eine Menge Erzieherinnen und Erzieher. Zum Stichtag 27. Oktober können bei der Stadt 130 Vollzeitstellen nicht besetzt werden. „Das entspricht 180 Personen“, erklärt der stellvertretende Leiter des Jugendamtes, Heinrich Korn. Vor allem der Früh- und Spätdienst (von 7 bis 8 Uhr und von 16 bis 17 Uhr) sei dadurch in verschiedenen Kitas betroffen. „Das Angebot ist teilweise eingeschränkt. Das tut uns natürlich sehr leid.“

 

Auch in der Kita an der Linzer/Böhmerwaldstraße in Feuerbach fehlt es an Personal. „Die Einrichtungsleitung hat uns am 25. September mitgeteilt, dass der Früh- und Spätdienst ab dem 2. November ausgesetzt werden muss, um den Regelbetrieb von 8 bis 16 Uhr gewährleisten zu können“, hat der Elternbeirat Mitte Oktober an Bürgermeisterin Isabel Fezer und die Stadträte geschrieben. „Als Grund werden vier unbesetzte Stellen und die Überlastung der verbleibenden Erzieher angegeben. Das ist kein zuverlässiges Betreuungsmodell, das für Eltern mit regulären Arbeitszeiten funktioniert, schon gar nicht für Alleinerziehende! Als Konsequenz gibt es Eltern, die nachweislich ihren Job verlieren könnten.“ Da wäre zum Beispiel eine alleinerziehende Mutter, die als Intensivkrankenschwester im Schichtdienst tätig ist: „Meine Arbeitszeit beträgt 8,5 Stunden und ich arbeite von 7.30 bis 16 Uhr. Mein Arbeitgeber ist familienfreundlich und auch sehr entgegenkommend. Allerdings findet diese Toleranz ein Ende mit einer Änderung der Betreuungszeiten von Seiten der Einrichtung. Ich habe also ein existenzielles Problem und große Angst, meinen Job zu verlieren und meine Miete nicht mehr zahlen zu können.“ Ähnliche Ängste und Probleme schildern auch eine alleinerziehende Hotelangestellte, eine Lehrerin, eine Zahnärztin mit eigener Praxis und eine selbstständige Unternehmerin. Alle sind auf die bisherigen Betreuungszeiten dringend angewiesen.

Erst gibt es einen Spätdienst, dann wieder nicht

Der Protest der Eltern scheint Wirkung zu zeigen. Mitte Oktober betont Isabel Fezer im Rahmen einer Sitzung des Jugendhilfeausschusses, dass man weiter intensiv an Lösungen arbeite. Zwei der vier vakanten Stellen habe man zwischenzeitlich wieder besetzen können. Allerdings taucht ab dem heutigen Montag schon die nächste Lücke in der Personalplanung auf. Ein weiterer Kollege fällt weg. „Auch da sind wir an einer Lösung dran“, sagte Uli Simon vom Jugendamt Ende Oktober. Er ging damals davon aus, dass der Frühdienst zumindest bis Ende August stattfinden könne und auch die Betreuung bis 16.30 Uhr gewährleistet sei. „Das wäre zumindest ein Teilerfolg“, freut sich Anja Schaffrath-Frick, die ihr Kind an der Linzer/Böhmerwaldstraße betreuen lässt.

Wenige Tage später mussten Einrichtungsleitung und Jugendamt aber wieder zurückrudern. Spätdienst? Derzeit nicht möglich! Der vorgesehene Mitarbeiter könne dort doch nicht eingesetzt werden, weil sonst an anderer Stelle wieder Kapazitäten fehlen würden. Planungssicherheit sieht anders aus.

Die Eltern gehen selbst auf Personalsuche

„Wir sind es leid“, ärgert sich Schaffrath-Frick. „Wir fragen uns, ob die Stadt genug tut, um Personal zu finden.“ Heinrich Korn ist der festen Überzeugung, dass alles getan wird, um Fachkräfte in die Landeshauptstadt zu lotsen: „In den vergangenen drei Jahren wurden 210 zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen.“ Zudem habe man mehr als 20 rumänische und 15 italienische Erzieherinnen angeworben. Derzeit seien 18 Kräfte aus Spanien dabei, deutsch zu lernen. Es gebe verschiedene Prämien und Bonuszahlungen, damit sich die Stadt als Arbeitgeber gegen die Konkurrenz aus dem Umland durchsetzen kann. „Und wir haben mittlerweile ein Team, dass sich ausschließlich darauf konzentriert, Personal zu gewinnen“, betont der stellvertretende Leiter des Jugendamtes. „Wir machen sehr viel. Aber viel mehr fällt auch niemandem mehr ein.“

Die Eltern aus der Kita Linzer/Böhmerwaldstraße wollen sich damit nicht zufrieden geben. Sie haben ein Flugblatt entworfen, um selbst Personal zu akquirieren. „Wir haben die Flyer verteilt. Sie kommen gut an. Fünf Leute haben sich schon gemeldet, die helfen wollen. Wir haben schon etwas bewegen können“, sagt Anja Schaffrath-Frick. Zudem haben sich Eltern gefunden, die vorübergehend den Spätdienst übernehmen, „auch wenn das eigentlich nicht unsere Aufgabe ist. Aber wir lassen niemanden hängen“. Das grundsätzliche Problem sei dadurch aber nicht gelöst.