Exklusiv Das Kabinett stellt die Sprachförderung von Kindergartenkindern auf den Prüfstand. Das Programm „Spatz“ soll nachgebessert werden: Kleinere Gruppen, weniger Bürokratie. Davon soll auch der ländliche Raum profitieren.

Stuttgart - Die Sprachförderung im Kindergarten hat die grün-rote Landesregierung schon im Jahr 2012 umgemodelt. Seit zwei Jahren läuft das Programm „Sprachförderung in allen Tageseinrichtungen für Kinder mit Zusatzbedarf“, kurz Spatz genannt. Am Dienstag wird das Kabinett Spatz auf den Prüfstand stellen und weiterentwickeln, wie Kultusstaatssekretärin Marion von Wartenberg der Stuttgarter Zeitung sagte.

 

Im Mittelpunkt der Weiterentwicklung stehen die Gruppengrößen sowie die Vereinfachung und Entbürokratisierung des Verfahrens. Bisher hätten Träger Zuschüsse zum Teil nicht abgerufen, weil die Vorschriften zu unklar formuliert waren, sagt von Wartenberg. Es gab unterschiedliche Zuschüsse für unterschiedliche Gruppengrößen. Das wird nun vereinheitlicht. Die Änderungen sollen bereits zum neuen Kindergartenjahr greifen, das im September beginnt. In Zukunft werden bei der intensiven Sprachförderung Gruppen von drei bis sieben Kindern gebildet. Bisher gab es Gruppen von vier bis sieben und von acht bis zwölf Kindern. Gleichzeitig wird der Zuschuss pro Gruppe auf 2200 Euro vereinheitlicht. Bisher erhalten große Gruppe 2400 Euro im Jahr, kleine 2000 Euro.

Ländlicher Raum könnte von kleineren Gruppen profitieren

Die Verkleinerung der Gruppen soll nach den Vorstellungen von Wartenbergs besonders dem ländlichen Raum zugute kommen. Dort seien häufig keine Sprachfördergruppen in den Kindergärten zustande gekommen, weil die Mindestgröße nicht erreicht worden sei.

Eher an die Ballungsräume wendet sich dagegen die zweite geplante Änderung: In Kitas mit einem Migrantenanteil von 80 Prozent und mehr wird die Größe der Sprachfördergruppen halbiert. Bisher lag die Obergrenze bei zehn Kindern, in Zukunft sollen maximal fünf Kinder in einer Fördergruppe sein. Die Kultusstaatssekretärin geht davon aus, dass die Anzahl der Fördergruppen von derzeit mehr als 7000 auf 9700 steigen wird. Sie rechnet mit Mehrkosten von vier Millionen Euro, Tendenz möglicherweise steigend. „Das kann eine Dynamik entwickeln“, sagt von Wartenberg. Zurzeit gibt das Land 17 Millionen Euro für die Sprachförderung in den 8400 Kindertagesstätten in Baden-Württemberg aus. Rund 63 000 Kinder nehmen laut Kultusministerium an dem Förderprogramm teil. Zwei Drittel von ihnen haben Deutsch als Zweitsprache.

Vorschriften für die Förderung sollen vereinfacht werden

Mit den Änderungen will das Kultusministerium auch die Verwaltungsvorschrift vereinfachen. „Es soll ganz klar werden, dass auch Gruppen gefördert werden, die nicht den vollen Fördersatz von 120 Stunden im Jahr ausschöpfen“, betont von Wartenberg. In diesen Fällen wird anteilmäßig gefördert. Allerdings muss das Angebot mindestens 80 Stunden im Jahr umfassen. Teilförderung gibt es laut Ministerium auch, wenn die Gruppen nicht voll werden.

Auch die Position der Erzieherinnen wird gestärkt. Sie empfehlen schon bisher Kinder in den ersten beiden Kindergartenjahren für die Sprachförderprogramme. In Zukunft treffen sie auch im dritten Kindergartenjahr die Entscheidung. Bisher hat im dritten Jahr die Medizin das Sagen, denn entscheidend ist bisher das Ergebnis der Einschulungsuntersuchung. Die bisherigen Erfahrungen haben jedoch gezeigt, so von Wartenberg, dass sich die Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsämtern und den Tagesstätten gut entwickelt habe. Mediziner und Erzieherinnen begegnen sich ihrer Einschätzung nach verstärkt auf Augenhöhe. Die medizinische und die pädagogische Kompetenz sei inzwischen besser verzahnt, sagen die Fachleute.

Bei allen Spezialprogrammen bleibt die alltagsintegrierte Sprachförderung ein zentraler Auftrag der Erzieherinnen, betont von Wartenberg. Im Oktober befasst sich ein Kongress für Erzieherinnen in der Liederhalle mit den „hundert Sprachen der Kinder“ und dazugehörender Fortbildung.

Das Programm „Spatz“ für Kindergartenkinder

Das Programm mit dem Namen Spatz wendet sich an Kinder vom ersten bis zum dritten Kindergartenjahr. Den Bedarf für die Förderung stellen die Erzieherinnen fest. Eltern müssen aber ausdrücklich zustimmen, dass ihre Kinder an den Förderprogrammen teilnehmen. Das Sprachförderprogramm Spatz fußt auf zwei Säulen. Die eine ist die „intensive Sprachförderung im Kindergarten“ (ISK). Diese Kurse werden von qualifizierten Sprachförderkräften gehalten. Die andere ist das Programm Singen, Bewegen, Sprechen (SBS), das Erzieherinnen und Musikpädagogen gemeinsam anbieten. Die Einrichtungen können zwischen beiden Programmen wählen. Beim Programm SBS können auch Kinder mitmachen, die keinen speziellen Förderbedarf haben. Die SBS-Gruppen können mit bis zu 20 Kindern aufgefüllt werden.