Eine halbe Million Euro verlangte der Ex-Ministerpräsident von der Stuttgarter Kanzlei Gleiss Lutz, weil er sich beim EnBW-Deal falsch beraten fühlte. Doch der CDU-Politiker holte sich auch in letzter Instanz eine Abfuhr.

Stuttgart - Er ist redselig wie immer. „Ich bin ganz optimistisch“, sagt Stefan Mappus, als er in Begleitung von drei Anwälten beim Bundesgerichtshof ankommt. Braun gebrannt ist der frühere Ministerpräsident, und er macht überhaupt einen rundum zufriedenen Eindruck. Beruflich hat der 50-Jährige ja auch wieder Tritt gefasst, nachdem ihn die Wahlniederlage von 2011, vor allem aber die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft aus der Bahn geworfen hatten. Seit gut einem Jahr sitzt er nun im Vorstand des IT-Unternehmens pmOne, in der Pforzheimer CDU hat er nach wie vor Fans, und eigentlich liefe alles wunschgemäß für den zweifachen Familienvater – wäre da nicht die halbe Million Euro Schulden.

 

„Es wird einfach nicht weniger“, lacht er, fügt dann aber mit Sorgenmiene hinzu: „Das stecken Sie nicht einfach weg.“ Anwaltskosten, Verdienstausfall, Gerichtskosten, all das hat sich angesammelt, seit der Staatsgerichtshof vor fast fünf Jahren geurteilt hat, dass der von ihm betriebene Rückkauf von 45 Prozent EnBW-Aktien durch das Land verfassungswidrig war. Mappus hätte den Landtag einbinden müssen. Doch dieser Kardinalfehler, so sein Einwand, war nur wegen einer falschen Rechtsberatung der Stuttgarter Wirtschaftskanzlei Gleiss Lutz möglich.

Mappus war als Vertreter des Landes nicht geschützt

Gegen die renommierte Sozietät klagt der Ex-Regierungschef deshalb seit Jahren, ohne dass ihm die Richter bisher Recht gegeben hätten: Mappus blitzte beim Landgericht wie beim Oberlandesgericht Stuttgart ab. Dabei ging es gar nicht um die Frage, ob Gleiss Lutz ihn tatsächlich falsch beraten hat, sondern darum, ob der Ex-Ministerpräsident überhaupt Schadenersatz verlangen kann. Denn der Beratervertrag war mit dem Land geschlossen, nicht mit Mappus. Greift trotzdem die „Schutzwirkung“, wie es im Juristendeutsch heißt?

Mappus sei als Vertreter des Landes sehr wohl auch persönlich von dem Beratervertrag betroffen gewesen, meint Mappus‘ Rechtsberater, der Münchener CSU-Politiker Peter Gauweiler. Dass der BGH das anders sieht, lässt der Vorsitzende Richter des 9. Zivilsenats, Godehard Kayser, bereits in seiner Einleitung durchblicken. Er referiert Vergleichsfälle, bei denen stets auf die „Nähe“ abgehoben wird, die der Vertreter eines Mandanten (in diesem Fall also Mappus als Vertreter des Landes) zu einem Beratervertrag haben müsse. War Mappus etwa nicht persönlich betroffen? Aber sicher!, meint sein BGH-Anwalt. Denn der Regierungschef habe damit rechnen müssen, auch privat zu haften, falls etwas schief läuft: „Auch deshalb wollte er sich rechtmäßig verhalten.“ Es könne doch nicht sein, dass ein Ministerpräsident zusätzlich als Privatmann bei einem Anwalt Rat einholen müsse, welche Konsequenzen ein solches Geschäft für ihn hat.

Mappus Schuldenberg dürfte weiter wachsen

Doch ebendies meint der Vertreter von Gleiss Lutz: Hätte Mappus ausschließen wollen, dass er später auch persönlich Nachteile erleidet, hätte er selbst einen Anwalt beauftragen müssen. Dieser Auffassung schlossen sich die Richter an und wiesen die Revision zurück. Der Vertrag mit Gleiss Lutz habe keine Schutzwirkung für Mappus, könne insofern auch nicht eingeklagt werden. Wörtlich heißt es im Urteil: „Gegenstand des Anwaltsvertrags war die Beratung des Landes zu einer vom Land zu treffenden Entscheidung.“ Dies begründe aber kein Näheverhältnis für den Vertreter des Landes, also Mappus.

Ja, im Allgemeinen habe der Mandant (also das Land) gar kein Interesse daran, dass sein Vertreter in den Schutzbereich einbezogen wird. Mit anderen Worten: Mappus wurde nicht falsch oder richtig beraten, er wurde gar nicht von Gleiss Lutz beraten und könne deshalb keinen Schadenersatz verlangen. „Die Revision wird auf seine Kosten zurück gewiesen“, so der Vorsitzende Richter. Zu der halben Million kommen also noch ein paar Euro hinzu. Mappus ist bei der Urteilsverkündung nicht mehr anwesend.