Der Abgasskandal von VW hat eine Klagewelle gegen die Porsche Holding ausgelöst. Anleger werfen dem Unternehmen vor, die enormen Risiken des Betrugs verschwiegen zu haben.

Stuttgart - Die Stuttgarter Porsche Automobil Holding SE kommt im VW-Abgasskandal zunehmend unter Druck. Zahlreiche Anleger, die im Zuge der Aufdeckung des Betrugs mit manipulierter Software Geld mit Porsche-Aktien verloren haben, verlangen Schadenersatz. Bisher sind beim Landgericht Stuttgart bereits rund 80 Klagen eingegangen, die sich gegen Porsche und teils auch gegen VW richten, teilte eine Sprecherin des Gerichts unserer Zeitung mit.

 

Und weitere Klagen sind im Anmarsch, wie die Frankfurter Kanzlei Nieding+Barth, deren Kölner Partnersozietät Müller Seidel Vos und die Kirchentellinsfurter Kanzlei Tilp unserer Zeitung mitteilten. Die Kanzleien haben in Stuttgart eine zweite Klagefront aufgebaut; vor dem Landgericht Braunschweig ist der Großteil der Klagen gegen VW gelandet. Den Auftakt der Verhandlungen in Stuttgart macht nach Angaben der Sprecherin des Gerichts am 30. September eine Klage der britischen Stadt Wolverhampton gegen Porsche. Die Stadt wird von Nieding+Barth vertreten und fordert 5,7 Millionen Euro Schadenersatz.

Institutionelle Investoren fordern mindestens 500 Millionen Euro

Die Rechtsanwaltsgesellschaft Tilp Litigation kündigte gegenüber unserer Zeitung an, am kommenden Montag für mehrere institutionelle Investoren weitere Klagen gegen die Porsche Holding einzureichen und Schadenersatz von voraussichtlich insgesamt mindestens 500 Millionen Euro zu fordern. Der kommende Montag ist nach Angaben der Kanzleien der letzte Tag, an dem Ansprüche geltend gemacht werden können, weil dann die einjährige Verjährungsfrist ablaufe.

Der Abgasskandal wurde am 18. September 2015 durch eine Veröffentlichung der US-Umweltbehörde EPA publik. Dies führte zu einem Absturz sowohl des VW- als auch des Porsche-Aktienkurses. Die Porsche Holding hält die Mehrheit der Stimmrechte bei VW. Der Porsche-Kurs brach von über 60 Euro auf 38 Euro ein. VW veröffentlichte erst am 22. September eine Gewinnwarnung und bildete Rückstellungen in Milliardenhöhe.

Ex-VW-Chef Winterkorn im Fokus

Die Anwälte stützen ihre Klagen im wesentlichen darauf, dass die wichtigsten Manager sowohl im Vorstand von VW als auch im Vorstand der Porsche Holding waren. So war etwa Martin Winterkorn in Personalunion sowohl VW- als auch Porsche-Holding-Chef. Sie sehen es als erwiesen an, dass die Spitzenmanager lange vor der Veröffentlichung der Gewinnwarnung von VW Kenntnis von den betrügerischen Manipulationen hatten und Porsche frühzeitig eine ad-hoc-Meldung hätte veröffentlichen müssen.

Ein Sprecher der Porsche Holding wies die Vorwürfe zurück. Sämtliche Klagen seien nach Einschätzung des Unternehmens unbegründet, sagte der Sprecher. Man könne Porsche keine Vorgänge bei VW zurechnen.