1983 – vor 30 Jahren – hat die Kleiderstube in Vaihingen ihre Pforten geöffnet. Bis heute ist sie die einzige ihrer Art in Stuttgart. Die Kleiderstube versorgt nicht nur Bedürftige, sondern auch Krankenhäuser und Pflegeheime bis hin zu Theatergruppen.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Es ist Montagmittag, kurz nach halb zwei. In der Kleiderstube des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) geht es eng zu. So eng, dass eine ältere Frau mit Einkaufstrolley zunächst draußen warten muss. „Das ist unser Problem. Wir haben hier einfach zu wenig Platz“, sagt Marianne Löffler, die für die Kleiderstube verantwortlich ist. 2008 hatten die DRKler ihr Bereitschaftsheim an der Robert-Leicht-Straße 23 verlassen müssen. Nach langer Suche fanden sie ein neues Zuhause an der Vischerstraße 1. Mit diesem sind Löffler und ihre Mitstreiter prinzipiell sehr zufrieden. Doch das neue Bereitschaftsheim ist mit 450 Quadratmetern 150 Quadratmeter kleiner als das alte. Vor allem bei der Kleiderstube musste abgespeckt werden. Und das obwohl es die einzige dieser Art in ganz Stuttgart ist.

 

Marianne Löffler hat ihren Optimismus und ihre Motivation dennoch nicht verloren. Sie war es, die 1983 – vor 30 Jahren – die Kleiderstube maßgeblich aufgebaut hat. Damals war sie Bereitschafts- und Jugendleiterin in Vaihingen. Viele hätten mitangepackt, vor allem die Nachwuchs-DRKler. „Da steckt schon viel Herzblut drin“, sagt Löffler. Heute investiert sie pro Woche rund 20 Stunden in die Kleiderstube. Montags hat die Einrichtung fünf Stunden lang für Bedürftige geöffnet, die sich das, was sie brauchen, raussuchen können. Dienstags werden fünf Stunden lang Kleider und andere Spenden angenommen.

Hinzu kommt die Zeit, die Löffler braucht, um alles vorzubereiten und zu organisieren. Das alles macht sie ehrenamtlich. Für ihre Arbeit bekommt sie lediglich eine Aufwandsentschädigung. „Aber die Menschen, die hierher kommen, sind dankbar. Das spürt man“, sagt Löffler. Und sie ist nicht allein. Derzeit besteht das Team aus sieben Ehrenamtlichen. Hinzu kommen einige Helfer, die immer dann da sind, wenn Not am Mann ist.

Mit den Jahren ist die Zahl der Bedürftigen immer weiter gestiegen. „Die Not ist größer geworden. Das spüren wir ganz deutlich“, sagt Löffler. Zum Glück sei gleichzeitig auch die Zahl der abgegebenen Sachspenden gestiegen. Die Kleider sollten sauber und gut erhalten sein. „Leider bekommen wir nicht alles so, wie wir es gern hätten“, sagt Löffler. Die Sachen, mit denen sie nichts anzufangen weiß, steckt auch sie in einen Kleidercontainer.

Auch Faschingskostüme sind im Angebot

Die Kleider aus der Kleiderstube sind prinzipiell kostenlos. Doch Löffler hat auch feine Sachen im Sortiment, wie beispielsweise Herrenanzüge. Oder Kurioses wie Faschingskostüme. „Das ist nichts, was man unbedingt braucht. Bei so etwas freuen wir uns schon, wenn wir im Gegenzug eine kleine Spende bekommen“, sagt Löffler. In der Regel werden ihre Erwartungen nicht enttäuscht. „Die meisten Menschen, die sich hier etwas holen, wollen auch etwas zurückgeben“, sagt Löffler. Viele würden Kleider, die beispielsweise den Kindern nicht mehr passten, wieder in die Kleiderstube bringen oder etwas Geld geben.

So zum Beispiel auch eine 48-Jährige aus dem Stuttgarter Westen. Sie kommt regelmäßig in die Kleiderstube nach Vaihingen. „In normalen Läden einzukaufen, wäre für mich zu teuer“, sagt die Frau. Auf die Kleiderstube aufmerksam wurde sie, als sie vor vielen Jahren eine Babydecke für ihr Neugeborenes brauchte. „Ich habe überall gesucht. Hier habe ich eine bekommen“, sagt die Frau.

Heute arbeitet sie in Teilzeit bei der Diakonie. Während Frauen mit Migrationshintergrund Deutsch lernen, betreut sie deren Kinder. Und wenn sie bemerkt, dass es einem der Kleinen an etwas fehlt, versucht sie, es in der Kleiderstube zu besorgen. Seien es Gummistiefel oder eine Winterjacke. „Außerdem durfte ich schon viele Spiele für die Kinder von hier mitnehmen“, sagt sie. Für Löffler ist das in Ordnung. Sie weiß, dass einige Besucher der Kleiderstube nicht nur Sachen für sich holen, sondern zum Teil auch ihre Familien in Osteuropa versorgen. „Wir machen das jetzt seit 30 Jahren. Wir können abschätzen, wo die Sachen hinkommen“, sagt Löffler.

Neben der Kleiderstube befindet sich im Bereitschaftsheim an der Vischerstraße auch das sogenannte Katastrophenlager. Die Sachen dort sind vor allem für Menschen bestimmt, die von heute auf morgen eine neue Grundausstattung benötigen – beispielsweise nach einem Wohnungsbrand. Im Katastrophenlager ist alles zu finden, von der Babyausstattung, über den Kochtopf bis zur Steppdecke.