Die Europäer müssen sich auf mehr und heftigere Wetterextreme im Sommer einstellen. Davon gehen die Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) aus. Experten raten deshalb zur Vorsorge, denn Schäden durch Extremwetter könnten hierzulande stark zunehmen.

München - Auf das Wetter ist kein Verlass mehr. Peter Höppe meint nicht den verregneten Sommer. Der Leiter der Georisikoforschung beim weltgrößten Rückversicherer Munich Re hat andere Dimensionen im Sinn. Etwas den aktuellen Doppelhurrikan vor Hawaii, der erste Wirbelsturm dort seit 22 Jahren oder die Februar-Schneestürme in einer Gegend Japans, wo es sonst nicht schneit. Mit versicherten Schäden von 2,5 Milliarden Dollar und dem Doppelten an insgesamt vernichteten Werten schlug das in puncto Naturkatastrophen glimpflich verlaufende 2014 bislang am heftigsten zu Buche.

 

Wohin die klimatische Reise in unseren Breitengraden geht, haben Kollegen von Höppe skizziert. Europas Bewohner müssen sich auf mehr und heftigere Wetterextreme im Sommer einstellen, sagen Experten des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). „Da ist was dran“, sagt Höppe und verweist auf die zu Grunde liegende Studie. Seit dem Jahr 2000 seien „Resonanzereignisse“ fast doppelt so oft aufgetreten wie in den Dekaden zuvor, haben die PIK-Forscher ermittelt.

Jetstream steckt fest

Höppe erklärt das. Normalerweise bläst der Jetstream, starke Winde in höheren Luftschichten, über Mitteleuropa stark und verlässlich Richtung Osten. Diese Winde in der Atmosphäre bestimmen das Wetter am Boden. Aber in den vergangenen Jahren steckt der Jetstream öfter mal fest und schwingt auf der Stelle, was bei extremen Wetterlagen verstärkend wirkt. So war 2010 eine Rekordhitzewelle in Osteuropa mit Waldbränden um Moskau die Folge. Ein anderes Mal äußert sich Extremwetter durch Starkregen mit Sturzfluten und Überschwemmung wie 2013 im Osten Deutschlands und Bayern.

„Uns hat erstaunt, in welchem Maß Extremereignisse zugenommen haben“, sagt der Leitautor der PIK-Studie, Dim Coumou. Die Zunahme seit dem Jahr 2000 sei selbst vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung unverhältnismäßig, aber jetzt durch veränderte Zirkulationsmuster der Luftströme in der Atmosphäre zu erklärbar. Ob das seinerseits eine Folge des Klimawandels ist, wissen die Experten noch nicht so genau. Auf jeden Fall werde ein Wechselbad aus Hitzewellen und lokalen Sturzfluten für Mitteleuropa zur Realität, sagen sie.

Klimawandel ist nicht mehr zu stoppen

Dass Versicherer im ersten Halbjahr relativ wenig für Schäden aus Naturkatastrophen bezahlen mussten, sei kein Grund zur Entwarnung, betont Höppe. Die versicherten Schäden lagen Ende Juni weltweit bei 17 Milliarden Dollar gegenüber 25 Milliarden Dollar im Durchschnittswert der letzten Dekade. Die Gesamtschäden machten mit 42 Milliarden Dollar nicht einmal die Hälfte des Durchschnitts aus. Der generelle Trend weist aber in die andere Richtung, nach oben. So sagt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft voraus, dass Schäden durch Extremwetter hier zu Lande in den nächsten 30 Jahren um ein Viertel zunehmen werden. „Im Mittel rund ein Prozent pro Jahr, das ist beherrschbar“, beruhigt Höppe.

Der Klimawandel als solcher sei zwar nicht mehr zu stoppen, aber an seine Folgen könne man sich zumindest hier zu Lande anpassen – etwa durch vermehrten Hochwasserschutz. Auch der Einzelne kann vorsorgen gegen Gefahren wie Sturzfluten, die bei Gewittern Keller fluten. Dort lagern heute keine Kohlen und Kartoffeln mehr sondern oft größere Werte oder ganze Heimkinoanlagen, weiß der Versicherungsexperte. Für wachsendes Schadenspotential verantwortlich ist nicht nur Klimawandel sondern vor allem auch eine steigende Wertekonzentration.

„Gegen eindringendes Wasser nach Wolkenbrüchen kann man Kellerfenster abdichten, dortige Lichtschächte und Türen überhöhen, bei Sturmwarnungen das Auto in die Garage bringen und die Markise einfahren“, rät er. „Es gibt keinen Ort in Deutschland mehr, wo man sicher sein kann, dass der Keller nicht einmal vollläuft“, warnt Höppe. Hierzulande haben etwa ein Drittel der Versicherten eine Elementarschadenpolice.