Auch kleine, kreative Initiativen können den Klimawandel bremsen. In Hannover tauschen sich daher Klimaschützer aus Städten und Gemeinden aus. Sie wollen vor dem UN-Klimagipfel in Paris ein Ausrufezeichen setzen – und die Politik feuert sie an.

Hannover - Angesichts der vielen Milliarden Tonnen CO2, die jedes Jahr durch das Verfeuern von Kohle, Öl und Gas in die Atmosphäre gelangen, sind 288 Kilogramm vielleicht keine große Einsparung. Doch in den vergangenen sieben Jahren haben schon 200.000 deutsche Haushalte am Projekt Stromspar-Check.de teilgenommen und emittieren seitdem im Durchschnitt 288 Kilogramm Treibhausgase weniger im Jahr. Es sind Haushalte, die von Hartz IV oder einer kleinen Rente leben, erläutert Marlene Potthoff von der Caritas bei einer Tagung zum kommunalen Klimaschutz, und sie sparen auch mehr als 100 Euro im Jahr.

 

Auf der Tagung in Hannover tauschen sich Vertreter von Kommunen und Organisationen darüber aus, wie man den Klimaschutz auf lokaler Ebene stärken kann. Wie erreicht man die Haushalte, die sich ihre Stromrechnung kaum leisten können? In Jobcentern zum Beispiel, sagt Potthoff, aber oft spreche sich das Programm einfach herum. Die Energiesparhelfer sind zudem speziell ausgebildete Langzeitarbeitslose, die einen persönlichen Kontakt ermöglichen. Vertrauen zu schaffen sei häufig ein Problem, ist aus dem Publikum zu hören. Und oft fehle in den Zielgruppen auch das Bewusstsein dafür, dass man selbst etwas zum Klimaschutz beitragen könne.

Zum zweiten Termin bringen die Energiesparhelfer nicht nur Tipps zum Energiesparen mit, sondern auch dafür geeignete Geräte – etwa abschaltbare Steckdosenleisten oder Energiesparlampen. Diese Kombination von Tipps und Technik sei entscheidend, sagt Potthoff. Und manche Städte würden die Energiesparhelfer zusätzlich bezahlen, um auch andere als bedürftige Haushalte zu beraten. Jeder fünfte Berater schaffe es auf diesem Weg wieder in den Arbeitsmarkt.

Bürgermeister als Klimadiplomaten

Solche Projekte sind ganz nach dem Geschmack der Politik. Ein Redner nach dem anderen beschwört die Tagungsteilnehmer: Klimaschutz gelinge nicht allein durch internationale Verträge, sondern auch durch gute Beispiele. „Die Welt braucht beides“, sagt zum Beispiel Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Umweltministerium: Entscheidungen der Staats- und Regierungschefs, aber auch die täglichen Entscheidungen engagierter Bürger. Und der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel, der die Idee zu dieser Tagung hatte, spricht vom „Prosumenten“, der den Konsumenten ablöse: Viele Menschen produzieren ihre Energie inzwischen selbst – etwa in Genossenschaften.

Monika Zimmermann vom Umweltschutzverband ICLEI, in dem sich Kommunen aus aller Welt zusammengeschlossen haben, fordert daher, nicht nur Staats- und Regierungschefs auf den Klimagipfeln verhandeln zu lassen, sondern auch den Bürgermeistern und Landräten ein Mandat zu geben. Die Kommunen seien doch ein wichtiger Akteur, wenn es darum gehe, die politischen Beschlüsse auch umzusetzen, argumentiert sie. Die Politikwissenschaftlerin Miranda Schreurs von der Freien Universität Berlin bestätigt den Eindruck, dass bei den Verhandlungen die lokale Ebene oft nicht berücksichtigt werde.

Für den anstehenden UN-Klimagipfel in Paris bemüht sich Flasbarth, Optimismus zu verbreiten. Die Bundeskanzlerin hatte zwar kürzlich nur davon gesprochen, dass die Konferenz „eine glaubwürdige Perspektive zur Dekarbonisierung“ liefern müsse, und es vermieden, größere Erwartungen zu wecken. Die Regierung stelle sich mitnichten auf ein Scheitern ein, versichert Flasbarth. Das deutsche Ziel sei, nicht nur zu vereinbaren, den CO2-Ausstoß weltweit bis 2100 auf Null zu reduzieren. Man setze sich auch dafür ein, dass die Ziele alle fünf Jahre verpflichtend erhöht werden.