In 100 Jahren wird es auch in Stuttgart deutlich wärmer sein als heute. Stadtplaner versuchen, die Planung bereits heute darauf auszurichten.

Stuttgart - Stadtplaner sollten schon heute an das Klima von morgen denken. Denn in einer Metropole wie Berlin, Wien, Mailand, New York, Tokio, Casablanca, Kairo, Singapur oder Rio de Janeiro werden auch in 50 oder 100 Jahren noch Menschen in den Strukturen leben, die heute geplant werden. Dann aber wird das Klima vielen Gegenden deutlich höhere Temperaturen bringen, als sie heute üblich sind. Und die könnten viele Stadtbewohner in Zukunft um den Schlaf bringen, befürchtet der Klimatologe Dieter Scherer von der Technischen Universität Berlin.

 

Eines der großen Probleme in gemäßigten Breiten werden dann tropische Nächte sein, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad Celsius sinkt. Der Regionale Klimaatlas der Helmholtz-Gemeinschaft wagt für das Ende des Jahrhunderts die "mittlere" Prognose, dass die Zahl der tropischen Nächte im Land im Durchschnitt jährlich um 19 höher liegen wird als am Ende des 20. Jahrhunderts. Vor allem in großen Städten wird es ungemütlich heiß werden, denn dort heizt die Sommersonne an heißen Tagen den Beton kräftig auf, haben Dieter Scherer und seine Mitarbeiter gemessen: Während Freiflächen gerade einmal fünf Prozent der von der Sonne eingestrahlten Energie speichern, halten dicht bebaute Städte am Morgen die Hälfte der Wärme fest, später sinkt dieser Wert auf 25 bis 30 Prozent.

Großstädte bilden  Wärmeinseln

Nachts aber strahlen die Wände die am Tag gespeicherte Energie wieder ab und verhindern so das Abkühlen nach Sonnenuntergang. "In extremen Situationen sind die Nächte im Stadtzentrum acht Grad wärmer als im Umland", sagt Scherer. Großstädte bilden daher Wärmeinseln in der sonst kühleren Nacht.

Parks und Grünflächen einer Stadt speichern hingegen erheblich weniger Wärme als Beton und Asphalt. Obendrein verdunstet dort viel Wasser, was kühlend wirkt. Diesen Effekt messen Dieter Scherer und seine Gruppe auch auf begrünten Dächern: Solche Dächer können die darunterliegende Räume gut kühlen. Vertrocknen die Pflanzen auf dem Dach dagegen, heizt das sogar stärker auf als Beton. Das Gleiche gilt für Grünflächen: Solange sie genug Wasser haben, kühlen sie nachts aus.

Von einem Park profitieren nur die unmittelbaren Anwohner

Diese Kühle geben sie im Normalfall gerade einmal hundert Meter weit als frische Brise an die Häuser der Umgebung ab. Von einem Park profitieren in tropischen Nächten daher nur die unmittelbaren Anwohner. Die Verantwortlichen sollten daher beim Planen einer neuen Stadt oder bei größeren Neubebauungen viele Grünflächen gleichmäßig im Häusermeer verteilen. Mit wenigstens einem Hektar sollten solche Parks die Dimensionen eines Fußballplatzes ein wenig übertreffen.

"Blockieren Gebäude den Wind, spürt man von der kühlen Nachtluft in den Grünanlagen wenig", sagt Dieter Scherer. Die bei Stadtplanern beliebten breiten Frischluftschneisen sind zwar aus Sicht des Klimatologen sehr sinnvoll, bringen aber in solchen Nächten zumindest im flachen Binnenland nur wenig Kühle in die Stadt, weil der Weg vom Umland einfach zu weit ist. Viel besser sind da eine unterschiedlich hohe Bebauung oder auch viele Parks mit Gruppen von Bäumen und Büschen und vielen Wiesen. Dann stößt der Wind immer wieder auf Hindernisse, Luftwirbel bilden sich und ziehen auch kühle Luft aus der Höhe in Richtung Boden. So bleibt die Luft in Bewegung und sammelt auch nicht, wie es bei unbewegten Kaltluftinseln oft der Fall ist, Schadstoffe an.

Die Sommer sollen in Zukunft eher trockener werden

Wenn der Klimawandel die Temperaturen vor allem in der Wärmeinsel Großstadt in Zukunft steigen lässt, sollten die Stadtväter aber auch an genügend Wasservorräte denken. Denn die Sommer sollen in Zukunft eher trockener werden, befürchten die Klimaforscher. In Baden-Württemberg sei zu erwarten, dass der Niederschlag in den Sommermonaten am Ende des Jahrhunderts um mittlere 28 Prozent unter dem des 20. Jahrhunderts liegt. Dann könnte das Wasser knapp werden, mit dem in Zeiten der Dürre das Stadtgrün feucht gehalten werden muss. Verdorren aber die Parks, heizen sie stärker als Beton auf, und die Wärmeinsel Großstadt könnte nachts zur Hitzeinsel werden.

In wärmeren Weltgegenden dagegen werden zusätzlich zu den Nächten auch die Tage zunehmend zum Hitzeproblem, wenn die Temperaturen in unerträglich erscheinende Bereiche klettern. Neben kühlenden Parks mildern auch enge Gassen mit viel Schatten die Hitze, erklärt der Klimatologe Fred Meier von der Technischen Universität Berlin. Allerdings werden dann Schadstoffe aus dem Straßenverkehr schneller zum Problem.

Auch Bäume und Parks bringen einiges, weil sie nicht nur Schatten spenden, in dem die Bewohner angenehm sitzen oder spazieren können, sondern auch noch Wasser verdunsten lassen. Und dabei kühlen sie sich und die unmittelbare Umgebung kräftig ab. Welche Bäume aber den stärksten Effekt haben, untersuchen zurzeit verschiedene Forscher, zu denen auch Fred Meier gehört. Allein aber reichen diese Maßnahmen im Hitzegürtel der Erde noch nicht. Zusätzlich müssen viele Gebäude auch gekühlt werden. Daher werden technische Kühlsysteme immer wichtiger, die möglichst wenig Energie verbrauchen.