Die Nordsee erwärmt sich im Zuge des Klimawandels doppelt so stark wie die Ozeane. Das hat schon jetzt drastische Auswirkungen auf den Fischbestand.

Berlin - Die Nordsee erwärmt sich nach Angaben des Bundesumweltministeriums im Zuge des Klimawandels doppelt so stark wie die Ozeane. Während die Temperatur der Ozeane im Mittel um 0,74 Grad gestiegen sei, waren es in der Nordsee in 45 Jahren 1,67 Grad, heißt es in einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Grünen. Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth forderte ein rasches Aus für Kohle, Öl und Gas.

 

Der rasante Temperaturanstieg in der Nordsee könnte sich den Angaben zufolge fortsetzen: Das Ministerium verweist in seiner Antwort auf Berechnungen, wonach die Wassertemperatur bis zum Jahr 2100 um weitere 1,7 bis 3,2 Grad wärmer werden könnte. Hurrikane wie derzeit über dem Atlantik sind aber nicht zu befürchten. Die können erst ab Wassertemperaturen von 26 Grad entstehen.

Über die Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Julia Verlindens und die Antwort der Bundesregierung hatte zuerst die „Neue Osnabrücker Zeitung“ berichtet. Die Bundesregierung bezieht sich bei ihren Angaben auf Daten des Weltklimarates IPCC und des Alfred-Wegener-Instituts. Klimawandel und Temperaturanstieg der Nordsee gefährden demnach Ökosystem und Artenvielfalt.

„Insbesondere temperaturempfindliche Arten müssen weichen“, schreibt das Ministerium und nennt als Beispiel den Kabeljau, dem durch den Temperaturanstieg die Beute abhanden kommt. Stattdessen lebten inzwischen vermehrt Fischarten aus südlichen Gefilden in der Nordsee wie Roter Knurrhahn, Streifenbarbe, Sardelle und Wolfsbarsch. Angesichts der Entwicklung verwies Umweltstaatssekretär Flasbarth auf die Folgen des Klimawandels auch in Deutschland.

Mehr Wetterextreme in Deutschland

„Die Erderwärmung wird insgesamt zu mehr Wetterextremen wie Hochwasser, Sturmfluten und Starkwinden führen, aber umgekehrt in einigen Teilen des Binnenlandes auch zu mehr Trockenperioden und extremer Hitze“, erklärte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP am Samstag. „Davor sind wir auch in Deutschland nicht gefeit, wenngleich die Bedrohung für uns nicht so existenziell ist wie für kleine Inselstaaten“, fügte er hinzu. „Viele denken beim Klimawandel nur an die Erwärmung der Erdatmosphäre“, erklärte Flasbarth weiter. „Tatsächlich wird ein erheblicher Teil der durch Treibhausgase verursachten Erderwärmung auch in den Meeren gespeichert.“

Der Staatssekretär forderte als Konsequenz, „im eigenen Land wie weltweit sehr viel ernsthafter an den Klimaschutz“ heranzugehen. Das bedeute vor allem, sich innerhalb weniger Jahrzehnte von fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl und Gas zu verabschieden. „Wer diese Entwicklung bremst, gefährdet unsere Zukunft“, warnte Flasbarth. Auch die Grünen-Bundestagsabgeordnete Verlinden forderte ein schnelleres Gegensteuern: „Wir können uns keine vier weiteren Jahre Tatenlosigkeit beim Klimaschutz leisten“, sagte sie der „NOZ“.